Rede Volker Bajus: Gänsemonitoring und -management in Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

Gans ist nicht gleich Gans. Sie begegnet uns in unserer Alltagskultur vor allem als Nutztier, gerne als Glücksbringer oder manchmal Fabelwesen. Regelmäßig also „nur“ als Hausgans. Tatsächlich gibt es aber zahlreiche Arten, die man nicht in einen Pott schmeißen sollte:

Da ist zum einen die Graugans: ursprünglich bei uns heimisch, dann ausgerottet, wurde sie in den 70er Jahren erfolgreich von der Jägerschaft als Brutvogel wieder angesiedelt. Als zweite Gruppierung haben wir hier die wachsende Brutbestände der eingeschleppten Kanada- und Nilgänse.

Und dann gibt es die Gänsearten, um die es uns heute  vor allem geht, die nordischen Gänse:

Bläss-, Saat- und Weißwangen- und Zwerggänse. Sie brüten in Sibirien und überwintern zum Teil entlang der Küsten Norddeutschlands. Dabei handelt es sich um Arten, die internationalem Schutz unterliegen: Die Nonnengans ist im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie streng geschützt, Bläss- und Saatgänse unterliegen als wandernde Arten gleichfalls dem besonderen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie.

Anrede,

Wir erwarten wie selbstverständlich, dass die Länder Ostafrikas ihre Zebras, Gnus, Löwen und Elefanten schützen. Dass da nicht gejagt wird, dass das Spannungsfeld zwischen Mensch und Natur auch mal zu Gunsten der Natur entschieden wird. Wir halten es für selbstverständlich, dass Menschen in Ostafrika ihre Nutzungsansprüche an der einen oder anderen Stelle zurückstellen, um ihrer Verantwortung für die Erhaltung der Artenvielfalt gerecht zu werden. Wir erwarten das von zum Teil wirklich bettelarmen Gesellschaften, in denen Hunger zum Alltag gehört.

Im Gegensatz zu diesen Ländern sind wir reich. Aber die Nutzungskonflikte ähneln sich. Bei uns geht es nicht um Elefanten, bei uns geht es um Nonnen- oder Zwerggänse. Diese Arten wollen und müssen wir erhalten; das erwartet der internationale Artenschutz von uns.

Natürlich … genauso haben wir eine Verantwortung gegenüber jenen betroffenen Landwirten, dass diese nicht über Gebühr belastet werden. Dieser doppelten Verantwortung müssen wir gerecht werden.

In den Vogelschutzgebieten für nordische Gänsearten entlang unserer Küste unterliegen Bewirtschaftung und Jagd Einschränkungen, um diese Populationen dauerhaft zu schützen. Zugleich hat das Land im Rahmen des Vertragsnaturschutzes zum Ausgleich finanzielle Mittel für die Landwirte bereitgestellt.

Dennoch gibt es erhebliche Konflikte zwischen Landwirten, Jägern und Naturschützern: Die eine Seite glaubt, eine Ausweitung der Jagd reduziere den Bestand und damit die Schäden. Dagegen argumentieren die anderen, dass durch die vermehrte Jagd die Gänse scheuer würden und sich dadurch auf nur wenige Flächen konzentrierten, was die Schäden insgesamt eher erhöhe.

Die frühere Landesregierung hat es versäumt, diesen Konflikt zu lösen und zu versachlichen. Wir gehen dieses Thema jetzt an.

Unser Ziel ist es einen Interessenausgleich zu erzielen, der sowohl den europäischen Schutzanforderungen als auch der landwirtschaftlichen Nutzung gerecht wird.

Dazu wollen wir ein wissenschaftliches Gänsemonitoring durchführen. Und, einen Arbeitskreis aus Jägern, Landwirten und Naturschützern einrichten, der insbesondere die tatsächlichen Auswirkungen der Jagd auf die Rastvögel, ihr Verhalten und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft intensiv begleitet.

Ziel ist es,

  • in der Bewertung durch unterschiedliche Interessengruppen einen Konsens zu erzielen und
  • neue Möglichkeiten des Gänsemanagements zu entwickeln und
  • Empfehlungen für künftige Förderprogramme zu geben.

Unabhängig davon wollen wir erhebliche Schäden, die einzelnen Landwirten durch Rastspitzen nordischer Gänse entstehen zukünftig in Schutzgebieten nicht nur auf Äckern sondern soweit haushaltsmäßig darstellbar auch auf Grünland entschädigen.

Denn erhebliche Probleme treten nicht nur auf Ackerflächen auf, auch Grünland kann in erheblichem Umfange betroffen sein.

Wir sind sicher, dass nur durch diese konstruktive, auf Dialog und wissenschaftlichen Untersuchungen beruhende Vorgehensweise die Konflikte an der Küste angegangen und versachlicht werden können.

 Vielen Dank!

 

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