Rede Volker Bajus: Den Müll im Meer nachhaltig reduzieren

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

 

Anrede,

wenn man die Müllmenge die in unseren Meeren herumschwimmt, auf einen Güterzug packen würde, dann hätte der die Länge von hier bis zum Mond und nochmal die halbe Strecke zurück. Diesen im wahrsten Sinne des Wortes sehr plastischen Vergleich hat Jochen Flasbarth, damals noch Präsident des Umweltbundesamtes, heute Staatssekretär im BMU anlässlich der Meeresumweltkonferenz vom April 2013 in Berlin gezogen.

Jährlich werden rund 20.000 Tonnen Müll in die Nordsee eingetragen. Rund ¾ davon ist Kunststoff. Und dieser Müll verursacht weitreichende Probleme: Vögel und Meeressäuger verheddern sich darin. Sie fressen diesen Müll, können den dann nicht verdauen und verhungern quasi mit vollem Magen – einem vollen Magen mit Müll.

Genauso problematisch wie die größeren sichtbaren Plastikteile ist das Mikroplastik. Winzig kleine Teilchen, die einerseits dadurch entstehen, dass größere Plastikteile zerfallen. Die aber auch direkt in die Gewässer eingetragen werden, weil sie in Kosmetika, im Duschgel, in der Zahnpasta und wo auch immer enthalten sind.

Und diese Mikroplastikpartikel werden auch in der Kläranlage nicht rausgefiltert, die landen über die Flüsse im Meer. Und sie landen in der Nahrungskette, sie werden vom Plankton aufgenommen, sie werden von den Fischen aufgenommen, reichern sich dort an und verursachen etwa bei den Fischen Leberschäden. Und am Ende auch unseren Tellern und im menschlichen Organismus.

Anrede,

wenn Sie mir jetzt entgegen halten, dass die in unserem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen angesichts der riesigen Problemlage nicht hinreichen, muss ich Ihnen zustimmen. Ja, es herrscht allgemeines Gestochere im Nebel, was die Lösung des Problems angeht. Wir haben noch immensen Forschungsbedarf gerade beim Thema Mikroplastik.

  • Wie kann der Zerfall und Abrieb von Kunststoffen gemindert und der Eintrag in die Gewässer vermieden werden?
  • Wie können wir diese Stoffe im Duschgel oder in der Zahnpasta ersetzen?
  • Wie können wir die Klärtechnik zu vertretbaren Kosten so ausbauen, dass Mikroplastik im Meer eliminiert wird?

Zu diesen Fragen gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf. In diese Richtung zielt auch ein Beschluss der Umweltministerkonferenz vom 9. Mai diesen Jahres. Darin bitten die Umweltminister den Bund, sich verstärkt dieses Themas anzunehmen und auf die Hersteller von Hygieneartikeln hinzuwirken, möglichst auf den Zusatz von Kunststoffkügelchen in ihren Produkten zu verzichten.

Anrede,

einiges können wir aber auch auf Landesebene tun: Ich begrüße sehr, dass die Landesregierung gemeinsam mit den Fischern und dem NABU das Programm „Fishing for Litter“ ausgeweitet hat. Dabei können Fischer den Müll, der bei Ihnen im Netz landet, kostenlos an Land entsorgen. Im letzten Jahr sind auf diese Weise immerhin rund 3,5 Tonnen zusammen gekommen. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle auch einmal sehr herzlichen bedanken: Beim NABU, aber insbesondere auch bei den Fischern, die den Müll mitnehmen und eben nicht sagen: „Was solls, ist ja nicht meiner“ und ihn ins Meer zurück kippen.

Anrede,

das gleiche Prinzip was wir bei Fishing for Litter erfolgreich anwenden, sollte auch bei den Hafengebühren in den niedersächsischen Häfen geprüft werden: Wenn wir die Müllentsorgung zum festen Bestandteil der Hafengebühren machen, dann entfällt der Anreiz bei den Schiffern, sich ihres Mülls auf andere Weise zu entledigen. Da muss man dann auch schlicht mal beim menschlichen Eigennutz ansetzen, Motto: „Wenn ich schon bezahle, dann will ich es auch nutzen“.

Dieses „No-Special-Fee-System“ ist in den Ostseehäfen verpflichtend. Auch der Hafen Rotterdam macht das so und das hat auch Jochen Flasbarth, als UBA-Präsident, bei der Meeresumweltkonferenz im Frühjahr letzten Jahres gefordert. Ich weiß natürlich, dass ein solches Vorgehen angesichts der Hafenkonkurrenz der Nordseehäfen nicht ganz einfach ist. Deshalb müssen dazu Gespräche auch mit Bremen und Hamburg geführt werden, ob man nicht gemeinsam vorgehen kann. Schließlich lieben doch auch die Hamburger und die Bremer unsere Nordsee, geniessen entspannte Tage am Meer und essen gerne Fisch – natürlich bitte Plastikmüllfrei!

Anrede,

wir stehen bei der Frage, wie wir die gigantischen Müllmengen im Meer zumindest begrenzen können, noch ziemlich am Anfang. Ich glaube, da muss zunächst mal auch ein breiteres Problembewusstsein geschaffen werden. Selbst wenn unser Antrag „nur“ diesem Ziel dient, lohnt das allemal.

Vielen Dank!

 

 

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