Rede Volker Bajus: Haushaltsberatungen 2016 - Schwerpunkt Kultur

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Erst die Kultur macht den Mensch zum Menschen, macht das Leben lebenswert. Über kulturelle Aktivitäten setzt sich der Mensch mit sich selbst und der Gesellschaft auseinander. Er versichert sich seiner und verortet sich in der Gesellschaft.

Auch die Gesellschaft selbst, als Ganzes, befindet sich in einem permanenten, kulturell je unterschiedlich formatierten Diskurs mit sich selbst und findet durch diesen Prozess zu sich selbst.

Kultur sorgt so für Identität und Integration. Sie ist damit elementar für gesellschaftliche Teilhabe.

Wie aber muss Kultur beschaffen sein, die das leisten kann?

Sie muss vielfältig, bunt und dynamisch sein.

Dazu benutzt Kunst alle möglichen Stilmittel. Sie darf grell und laut oder dezent und leise sein. Populär oder speziell, einfach oder opulent, simpel oder kompliziert, profan oder vielschichtig.

Und Kunst soll, ja muss auch mal irritieren und provozieren. Sie darf und soll auch mal subversiv sein. Wer anregend und aufregend sein will, muss auch mal Aufreger produzieren.

Dabei müssen Kunst und Kultur in erster Linie frei sein. Frei von starren Denk- und Verhaltensmustern. Frei von allzu alltäglichen oder auch wirtschaftlichen Zwängen.

Dafür hat Kulturpolitik zu sorgen. Durch kluge und umsichtige Rahmenbedingungen, Gesetze, die die Freiheit schützen, und eine Förderpolitik, die die Vielfalt befördert.

Eines darf Politik aber nicht: Die Freiheit der Kunst einschränken. Und genau das erleben wir dieser Tage in der Auseinandersetzung um Carl Maria von Webers Freischütz an der Staatsoper in Hannover. Eines klassischen Opernstücks, ja der Nationaloper schlechthin

Die zweifelsohne moderne Adaption ist umstritten, wie lange kein Stück zuvor. Es gab „Buh-Orkane und Beifallsstürme“ wie Deutschlandradio Kultur feststellte.

Kontroverse, Diskussion, Diskurs, Debatte, darüber freut sich eigentlich jedeR KulturpoltikerIn.

Doch was macht der kulturpolitische Sprecher der CDU in Hannover: Er fordert Zensur, eine Intervention der Aufsichtsgremien. Nun könnte man das als Einzelmeinung eines irrlichtenden Kommunalos abtun, wenn ihm nicht der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU zur Seite gesprungen wäre und eine Aufarbeitung im Landtag einfordert.

Meine Damen und Herren,

Die Zeiten eines obrigkeitsstaatlich gelenkten Kulturbetriebs, in dem Behörden die Inhalte vorgeben, sind glücklicherweise Geschichte. Diesen Angriff auf die künstlerische Freiheit des größten Kulturhauses des Landes werden wir nicht zulassen.

Natürlich können und sollen sich auch Politiker in die Diskussion um kontroverse Inszenierungen einbringen, aber bitte auf Augenhöhe mit allen anderen BürgerInnen. Niemals darf Politik ihre Funktion missbrauchen, um Kunst mundtot zu machen.

Auch die CDU Forderung nach mehr Werktreue und mehr Unterhaltung würde, soweit durchgesetzt, doch nur in Langeweile und kultureller Verödung enden.

Meine Damen und Herren,

Rotgrün hat auch in diesem Jahr seine Hausaufgaben gemacht und das getan, was Kulturpolitik leisten soll: Die Förderung der Kultur weiter entwickeln.

Mit einer erneuten Steigerung von diesmal vier Prozent kann sich der Etat sehen lassen. Ein Schwerpunkt liegt dabei – passenderweise – bei den Theatern. Und zwar bei allen, den Staats-, den kommunalen und den vielen freien Theatern.

Gerade in Zeiten, in denen wir als Einwanderungsland herausgefordert und erhebliche Integrationsleistungen zu erbringen sind, spielen die Theater eine besondere Rolle. Sie organisieren  konkrete Projekte von und mit Flüchtlingen, inszenieren aktuelle, politische Stücke zu Krieg, Vertreibung, Migration und Integration. Sie suchen die Debatte mit den ZuschauerInnen, um eine neue Verortung einer sich rasch ändernden, mitunter verunsicherten Gesellschaft zu befördern. So sorgt Kultur für Identität, Integration und für Motivation.

Mein Dank zum Schluss gilt insbesondere allen Kulturschaffenden in unserem Land, die unermüdlich dabei sind, uns mit ihren kreativen Leistungen herauszufordern und zum Nachdenken und Nachmachen zu bewegen.

Vielen Dank aber auch an das Ministerium, an die MitarbeiterInnen und natürlich an die Ministerin.

Und, Dank auch an den Fachausschuss, der sich zum Glück häufig auch gemeinsam für unsere kulturellen Infrastrukturen einsetzt.

Vielen Dank!

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