Änderungsantrag (interfraktionell): Keine Salzentsorgung zu Lasten der Weser: Moderne Vermeidungstechnik prüfen – Umweltbelastungen mindern – Arbeitsplätze in der Kali-Industrie langfristig sichern

Fraktion der CDU
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5200

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/5267

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Die Weser-Anrainerländer in der Flussgebietsgemeinschaft Weser haben sich erstmals auf gemeinsame Zielwerte für den Salzgehalt der Weser am Pegel Boffzen verständigt. Mit diesen wird die Vorgabe der EU-Wasserrahmenrichtlinie eingehalten. Damit ist dem Düngemittelhersteller K+S AG die klare Vorgabe gemacht worden, die jahrzehntelange Versalzung dieses Flusses endlich zu beenden bzw. auf ein verträgliches Maß zu begrenzen. Zugleich liegt damit auch für die Behörden Zielwerte vor, an denen sich Genehmigungen zu orientieren haben.

Im Weiteren hat der Weserrat ein notwendiges Maßnahmenprogramm vorgelegt mit dem das Qualitäts-Ziel erreicht  und auch das EU-Vertragsverletzungsverfahren abgewendet werden soll. Dazu gehören u.a. erstmals auch Maßnahmen zur Lösung der Haldenabwässer, allerdings auch kontraproduktive wie der erneute Vorschlag einer optionalen Pipeline zur Oberweser.

Dessen ungeachtet hat die K+S AG jedoch im Dezember 2015 beim zuständigen Regierungspräsidium in Kassel die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zum Bau einer Pipeline zur Oberweser (inkl. Speicherbecken und Einleiterbauwerken) mit einem jährlichen Durchleitungsvolumen von bis zu 5,5 Mio. Kubikmetern beantragt. Der Kasseler Regierungspräsident hat das erforderliche Verfahren unmittelbar eröffnet und im Januar 2016 die öffentliche Beteiligung eingeleitet.

Der Landtag stellt fest:

Die Beantragung und Einleitung eines Raumordnungsverfahrens durch K+S und das Kasseler Regierungspräsidium zum Bau einer Pipeline zur Oberweser mit einem Durchleitungsvolumen von jährlich bis zu 5,5 Mio. Kubikmetern ist ein Affront der K+S AG und der verantwortlichen hessischen Behörden gegen das Land Niedersachsen und alle anderen Anrainerländer der Weser. Dieser ist geeignet, das Vertrauen in den laufenden Verhandlungsprozess der Flussgebietsgemeinschaft zu unterlaufen und damit zu untergraben. Offenbar ist die K+S AG nicht bereit, die Zielvorgabe der Flussgebietsgemeinschaft Weser zu akzeptieren und im Sinne dieser Zielvorgabe zu agieren.

Der Landtag bekräftigt daher seinen Beschluss vom 22.10.2014 und seine ablehnende Haltung zu etwaigen Pipeline-Plänen.

 

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. in der Flussgebietsgemeinschaft Weser Maßnahmen abzulehnen, die geeignet sind, die beschlossenen Zielwerte der Belastung der Weser mit Chlorid, Kalium und Magnesium zu konterkarieren.
    Abzulehnen ist auch die sogenannte Bypasslösung oder jede andere Form von Oberweserpipeline, die den Zielwert für Boffzen von 300 mg Cl/l (90-Perzentil) und damit einen guten ökologischen Gewässerzustand bis zum Ende des Jahres 2027 gefährden.
  2. in diesem Zusammenhang in der Flussgebietsgemeinschaft einzufordern, dass die bisher aussichtsreichste und von der K-UTEC AG vorgestellte Verfahrenskombination auf ihre Wirksamkeit und Machbarkeit schnellstmöglich überprüft und umgesetzt wird. Die Kosten eines entsprechenden Gutachtens zum Einsatz moderner Vermeidungstechniken sind von K+S zu tragen.
    Niedersachsen fordert eine vorrangige Umsetzung moderner Vermeidungstechniken.            
  3. in den Bewirtschaftungsplan 2015 - 2021 nur solche Maßnahmen zur Reduzierung der Salzfracht aufnehmen zu lassen, deren grundsätzlich Machbarkeit geklärt ist und deren Wirksamkeit innerhalb der nächsten 12 Monate nachgewiesen und beziffert werden kann. Berechnungsgrundlage hierfür darf ausschließlich der gesamte Abstoß von Salzen und Betriebshilfsstoffen in den Produktions- und Haldenabwässern sein und nicht nur das Volumen der Produktionsabwässer.
  4. sich dafür einzusetzen, dass als technische Lösung zur Minimierung und Vermeidung von Produktionsabwässern vor Ort die tatsächlich beste verfügbare Technik eingesetzt und dies im Maßnahmenplan entsprechend vorgesehen wird.
  5. sich in der Flussgebietsgemeinschaft dafür einzusetzen, dass regelmäßige Statusgespräche mit K+S zum Stand der Umsetzung und Entwicklung der Vermeidungsmaßnahmen unter Anwendung der besten verfügbaren Technik und unter Berücksichtigung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Unternehmens erfolgen.
  6. sich dafür zu verwenden, dass das Merkblatt zur besten verfügbaren Technik dahingehend überarbeitet und aktualisiert wird, dass dank neuer technischer Verfahren möglichst auf Neuaufhaldungen verzichtet werden kann. 
  7. darauf zu achten, dass Lösungen gefunden werden, die auch die Arbeitsplätze langfristig sichern.

Begründung

Am 22. Juni 2012 hat die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren 2012/4081 gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. In diesem Verfahren macht die EU-Kommission Mängel bei der Aufstellung des Bewirtschaftungsplans für das Flusseinzugsgebiet der Weser geltend und erwartet, dass im Bewirtschaftungsplan für dieses Flusseinzugsgebiet dargestellt wird, wie der gute chemische und ökologische Zustand erreicht werden soll. Der Bewirtschaftungsplan wird von der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG Weser) aufgestellt, der sämtliche Weser-Anrainer-Bundesländer angehören. Beschlüsse der FGG Weser werden einstimmig gefasst.

Im Rahmen der Neuaufstellung des Bewirtschaftungsplans hat die Flussgebietsgemeinschaft im März 2015 beschlossen, einen maximalen Chloridgehalt am Pegel Boffzen festzusetzen. Demnach darf der maximale Chloridgehalt ab Ende 2021 400 mg/l und zum Ende des Jahres 2027 300 mg/l betragen (Kalium/Magnesium 35/55 und 2027 20/30).

Das von der K+S AG entwickelte Kainit-Kristallisations-Flotationsverfahren (KKS-Verfahren) setzt – ebenso wie das sog. K-UTEC-Verfahren der K-UTEC AG Salt Technologies aus Sondershausen – auf eine Eindampfung der Abwässer. Das weitergehende K-UTEC-Verfahren wurde vom Umweltbundesamt im Oktober 2014 hinsichtlich seiner technischen Machbarkeit positiv beurteilt. Daher soll die Anwendung des K-UTEC-Verfahren weiter verfolgt und gutachterlich geprüft werden. Die Kosten dafür sollte der Verursacher tragen. Ansonsten sind die Kosten unter den Anrainern zu teilen.

Mit der zwischenzeitlichen Einleitung des Raumordnungsverfahrens zum Bau einer Oberweserpipeline für rund 5,5 Mio. m³/a haben die K+S AG und das Land Hessen jedoch das erforderliche Vertrauen in den beschriebenen Prozess der Flussgebietsgemeinschaft zerstört.

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