Antrag: Die Energiewende zum Erfolg führen – Angebot und Nachfrage zusammenbringen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Um die Energieversorgung rund um die Uhr zu sichern, müssen Angebot und Nachfrage zu jedem Zeitpunkt deckungsgleich sein. Was angesichts der Schwankungen der Nachfrage und des erneuerbaren Stromangebots (Volatilität) große Herausforderungen an die Energiewirtschaft stellt. Dabei muss die Energieversorgung bezahlbar und verlässlich bleiben.

Netzengpässe entstehen, wenn in Spitzenzeiten mehr Strom erzeugt wird, als an die Netze abgegeben werden kann oder in Zeiten geringer Nachfrage wie des Nachts oder auch an Feiertagen. Dies geschieht zum Beispiel, wenn regional die Erzeugung erneuerbaren Stroms und Strom aus fossilen Kraftwerken den Verbrauch übersteigt oder wenn ausreichend dimensionierte Netze fehlen. In diesen Fällen werden bislang häufig erneuerbare Anlagen abgeregelt und damit CO2-freier Strom verschenkt. Die damit verbundenen Entschädigungszahlungen an die Anlagenbetreiber tragen die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das ist technisch und volkswirtschaftlich ineffizient.

Die intelligente Kopplung von Strom-, Wärme- und Mobilitätsbereich senkt die Kosten des Netzmanagements auch in Engpasszeiten und stabilisiert die Stromnetze und damit die Energieversorgung. Instrumente dafür können sowohl die effiziente Steuerung von Energieangebot und -nachfrage sowie die Umwandlung und Speicherung von elektrischer Energie sein. Nötig sind dafür geeignete Preisanreize, damit z.B. das gezielte Aufladen von privat und öffentlich genutzten E-Fahrzeugen in Zeiten hoher Stromerzeugung attraktiv wird.

Technisch sind zahlreiche Flexibilitäts- und Speicheroptionen einsatzbereit und erprobt. Derzeit kommt ihr Ausbau jedoch wegen falscher Anreize wirtschaftlich nicht voran. Während also der Ausbau von Ökostromanlagen voranschreitet bietet der bestehende Energiemarkt keine ausreichenden Anreize für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die eine bessere Integration Erneuerbarer Energien in den Energiemarkt erlauben.

Entsprechend der EEG-Novelle sollen große Teile Norddeutschlands einschließlich Niedersachsens als sogenannte Netzausbaugebiete definiert werden, in denen der Ausbau der Windenergie drastisch reduziert werden soll. Damit wird dem Windkraftausbau die Dynamik genommen.

Dies aber ist die Voraussetzung um den Umstieg auf die Erneuerbaren Energien deutlich zu beschleunigen und zugleich die Effizienz des Energiemarkts zu erhöhen und die Kosten zu senken. Um Ökostrom, der nicht in das Netz eingespeist werden kann, wirtschaftlich zu verwenden, ist auf Bundesebene ein technologieoffenes Anreizsystem für sogenannte „zuschaltbare Lasten“ wie Speicher, Power-to-Heat oder Power-to-Gas-Anlagen zu schaffen, die der gezielten Nachfragesteuerung dienen.

Der Landtag begrüßt,

  • ­dass die Landesregierung das niedersächsische Energiewende-Großprojekt „enera" nachdrücklich unterstützt und auch als bundesweites „Schaufenster intelligente Energie" erfolgreich platziert hat.
  • dass die Landesregierung die Realisierung einer Wasserstoffwirtschaft in der Region Unterelbe unterstützt,
  • dass die Landesregierung die erfolgreiche Arbeit der Landesinitiative Energiespeicher und –systeme fortführt und das Thema Energiespeicher in das Aufgabenfeld der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) überführt hat.

Der Landtag bekräftigt seinen Beschluss ‚Integration der Erneuerbaren Energien fördern, Hürden für Energiespeicher abbauen‘ vom 22. Januar 2016 (Drs. 17/5019) und die Unterstützung für den Einsatz der Landesregierung dafür, Energiespeicher von Netzentgelten, Umlagen, Abgaben und Stromsteuer und anderen Hemmnissen zu befreien.

Darüber hinaus fordert der Landtag die Landesregierung dazu auf

  • ­sich auf Bundesebene weiterhin dafür einzusetzen, dass wirtschaftliche Anreize für Flexibilitäts- und Speicheroptionen geschaffen und Netzengpässe mittels zuschaltbarer Lasten bewirtschaftet werden, damit die Energiewende in Niedersachsen unterstützt und nicht ausgebremst wird,
  • Modellprojekte für die weitere Integration Erneuerbarer Energien mittels Flexibilitäts- und Speicheroptionen zu unterstützen und die Ergebnisse auf ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen in Niedersachsen zu untersuchen,
  • sich im Bund dafür einzusetzen, regionale Einschränkungen des Ausbaus der Windenergie im EEG 2016 zurückzunehmen,
  • sich dafür einzusetzen, Kraftwerke, die aufgrund ihrer technischen Eigenschaften besonders inflexibel sind, keine systemdienliche Fahrweise ermöglichen und nicht der Wärmeversorgung dienen, in Zeiten von Stromüberschuss vom Netz zu nehmen,
  • sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung Kraftstoffe, die aus Strom aus Erneuerbaren Energien Anlagen erzeugt werden, als Biokraftstoffe anerkennt und fiskalisch gleichbehandelt, um einen wirtschaftlichen Einsatz zu ermöglichen,
  • zu prüfen, wie das Erdgasnetz für die Speicherung von regenerativ erzeugtem Gas genutzt werden kann.

Begründung

Die Landesregierung hat im August 2016 das „Leitbild einer nachhaltigen Energie-und Klimaschutzpolitik" für Niedersachsen beschlossen. Das Leitbild wurde vom Runden Tisch Energiewende mit Beteiligung einer Vielzahl von gesellschaftlichen Akteuren erarbeitet. Mit dem Leitbild bekennt sich das Land zum Klimaschutz und zu dem Ziel, die niedersächsische Energieversorgung spätestens bis zum Jahr 2050 nahezu vollständig auf Erneuerbare Energien umzustellen.

Power-to-X bedeutet eine intelligente Kopplung von Strom-, Wärme- und Mobilitätsbereich. Dazu gehört u. a. die „Power-to-Gas“-Technologie, die Strom mittels Elektrolyse in Wasserstoff umwandelt. Dieser kann gespeichert und vielfältig als Substitut für fossile Rohstoffe genutzt werden. So kann Wasserstoff in Strom zurückgewandelt werden, als Heizenergie oder zum Antrieb von erdgasbetriebenen Fahrzeugen genutzt werden. Auch der Ersatz fossil erzeugten Wasserstoff bei chemischen Anwendungen ist möglich. Wasserstoff kann zudem unmittelbar bis zu einer gewissen Grenze oder nach Umwandlung in Methan in das Erdgasnetz eingespeist werden.

Mit Power-to-Heat wird Wärme aus Strom gewonnen. Eine besonders effiziente und heute bereits weitverbreitete Technologie ist die Wärmepumpe, mit deren Hilfe Heizwärme aus der Außenluft oder dem Erdboden gewonnen wird.

Das Projekt „enera“, getragen von einem Konsortium aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, zeigt in einer Modellregion in den Landkreisen Friesland, Aurich und Wittmund und der Stadt Emden, wie die Energieversorgung bei hohen Anteilen dezentraler, erneuerbarer Erzeugung umgesetzt werden kann. Dabei kommt ein Instrumentenmix von Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch, Speichertechnologien und intelligenten Netzen zum Einsatz.

In Niedersachsen hat die ETOGAS GmbH 2013 in Werlte (Emsland) im Auftrag der Audi AG eine Pilotanlage zur Umwandlung von Strom in Erdgas errichtet. Hierbei wird zur Methanisierung neben dem aus elektrischer Energie erzeugtem Wasserstoff auch regeneratives CO2 aus einer von MT-Biomethan gelieferten Biogasaufbereitungsanlage eingesetzt.

Um weiter auf den Stärken Niedersachsens in den Bereichen Energie- und Energiesysteme aufzubauen,  bearbeitet die landeseigene Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) seit Anfang 2016 den Bereich "Speichersysteme und andere Flexibilitätsoptionen zur dezentralen Energieversorgung / Haus-Energie-Speicher". Die KEAN versteht sich als Kompetenzzentrum für Energieeinsparung, Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien insbesondere im Gebäudebestand.

Die Landesregierung hat die Studie „Erstellung eines Entwicklungskonzeptes Energiespeicher in Niedersachsen“ vorgelegt. Die Untersuchung belegt bereits im Juli 2014, dass Investitionen in großtechnische Speicher auf Grund der Strompreise und den zu erzielenden Erlösen aus dem Regelenergiemarkt nicht rentabel sind. Seither sind die Börsenstrompreise weiter gefallen.

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