Volker Bajus: Rede zum Kita-Gesetz (TOP 5)

Top 5: Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung des niedersächsischen Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

die Corona-Pandemie hat uns noch mal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig Kitas für Familien sind. Für die Eltern, weil sie ihre Kinder hier gut aufgehoben wissen und sie täglich Unterstützung finden. Für die Kinder, weil sie hier schon früh gute Bildungsangebote bekommen und andere Kinder treffen können.

Im Miteinander lernen Kinder u. a. wichtige Werte und Normen. Eine der ersten Sachen ist die Bedeutung von „Versprechen“. Wir alle erinnern uns doch an den Kinderschwur „Versprochen ist versprochen und wird nie gebrochen“. Oder?

Sehr geehrte Kolleg*innen von SPD und CDU,

wenn dieses Kita-Gesetz so durchkommt, dann tun sie genau das. Sie brechen ihre Versprechungen aus dem Wahlkampf, aus dem Koalitionsvertrag und den Beschlüssen des Landtags, dass sie nach dem Erlass der Kita-Gebühren für die oberen und mittleren Einkommen endlich auch die Betreuungsqualität angehen wollen.

Zitat: „Die vorliegende Novellierung bleibt sprachlich und inhaltlich weit hinter dem aktuellen fachlichen Diskurs zurück,“ schreibt etwa das Bündnis aus KiTa-Trägern, Initiativen und ver.di.
Ob Erzieher*innen, Familien oder Bildungsexpert*innen, alle sind auf ganzer Strecke enttäuscht. Damit werden wir Sie nicht durchkommen lassen. Unsere Kinder, unsere Kitas haben mehr verdient.

Anrede

Schon vor Corona war die Belastungsgrenze für die Mitarbeitenden oftmals überschritten, die Erzieher*innen am Limit. Sie alle kennen die Bertelsmann-Studie aus 2020: Die Gruppengrößen in Niedersachsen sind zu dreiviertel nicht kindgerecht. Zweidrittel aller Kinder werden von zu wenig Personal betreut. Kaum eine Berufsgruppe hat eine so hohe Absprungquote. Jedes Jahr verlieren wir hunderte hoch motivierter Erzieher*innen, die die Arbeit mit Kindern eigentlich lieben, aber die die schlechten Arbeitsbedingungen, den Stress und die maue Bezahlung nicht mehr aushalten.

Junge Leute neu für den Beruf zu gewinnen ist, auch wegen der verbreitet immer noch fehlenden Ausbildungsvergütung, ist von daher schwierig.

Was jetzt kommen muss, sind ernsthafte qualitative Fortschritte, die dritte Kraft, ein besserer Fachkraft-Schlüssel. Das wären echte Entlastungen.

Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, aber mit einer echten Ausbildungsoffensive, mit einem verbindlichen, gesetzlich abgesicherten Stufenplan für die Dritte Kraft würde das gehen. Natürlich, einfach ist das nicht, und das kostet auch viel Geld. Aber muss es uns das nicht wert sein?

Wer glaubt, die Herausforderungen, vor denen die Kitas immer stärker stehen, also die Realisierung der Inklusion, die Zunahme von Diversität, die Notwendigkeiten der Sprachförderung, den wachsenden Hilfebedarf von Kindern und Eltern, die bewegungspädagogischen Empfehlungen usw. usw. … ohne zusätzliches Geld zu stemmen, der überfordert sehenden Auges das System Kita, der verheizt bewusst unsere Erzieherinnen und Erzieher, der riskiert das Wohl der Familien und die Zukunft der Kinder.

Liebe Kolleg*innen von SPD und CDU,

Ihre Regierung hat sich entschlossen nichts zu tun, mit Verweis auf den Fachkräftemangel. Folgen Sie nicht diesem Irrweg. Das Problem lösen wir doch nicht indem wir den Kopf in den Sand stecken.

Nur, wenn der Teufelskreis durchbrochen wird und den Beruf wieder attraktiv ist, kann der Mangel an Personal überwunden werden.

Anrede,

wir haben einen Fünf Punkte Plan vorgelegt, mit dem wir mehr Qualität in die Kitas bringen wollen.

  1. Betreuungsqualität verbessern und dafür die Dritte Kraft stufenweise einführen
  2. den Fachkräftemangel mit einer Ausbildungsoffensive überwinden
  3. die Verfügungszeiten erhöhen und die Fachberatung verbessern,
  4. den Rechtsanspruch auf Inklusion umsetzen
  5. Familienzentren rechtsicher ermöglichen

Anrede,

das alles ist doch parteipolitisch gar nicht umstritten. Es ist am Ende nur eine Frage, ob man politischen Willens ist, es jetzt anzugehen oder eben lange Zeit erstmal nicht mehr.

Ja, ob man Parlament genug ist, sich auch mal gegen den Finanzminister und den Ministerpräsidenten durchzusetzen, die meinen, für den Koalitionsfrieden weiter auf Kosten der Bildung sparen zu können.

Anrede,

Dieses hier ist der Landtag. Hier entscheiden wir über den Haushalt und die Gesetze. Machen sie mit uns und den Verbänden im Ausschuss aus dem diesem schlechten Entwurf ein gutes Kita-Gesetz. Damit die Kleinsten im Land nicht länger zu kurz kommen!

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