Kleine Anfrage:Aktueller Stand zu Autobahnen in Niedersachsen (Teil 1): Allgemeiner Stand

Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel, Eva Viehoff, Volker Bajus und Dragos Pancescu

Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel, Eva Viehoff, Volker Bajus und Dragos Pancescu (GRÜNE) an die Landesregierung, eingegangen am 29.07.2021

Die Bundesregierung hat den Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) am 03.08.2016 beschlossen. Auf dessen Grundlage hat der Bund den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen auch auf niedersächsischem Gebiet aufgestellt. Dieser ist als Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz mit einigen Änderungen am 02.12.2016 vom Bundestag beschlossen worden. Das Gesetz ist am 31.12.2016 in Kraft getreten. Mit dem Bedarfsplan hat der Bund den verkehrlichen Bedarf festgestellt und gesetzlich vorgegeben, welche größeren Bundesfernstraßenmaßnahmen auch in Niedersachsen im Zeitraum von 2016 bis 2030 geplant und realisiert werden sollen. Dieses sind die Maßnahmen, die im Bedarfsplan in den „vordringlichen Bedarf“ und in den weiteren Bedarf mit „Planungsrecht“ eingestuft sind. Die niedersächsischen Projekte sind in einer Liste des niedersächsischen Verkehrsministeriums (MW) mit Stand 03.03.2017 veröffentlicht worden. Zu den Maßnahmen im vordringlichen Bedarf gehören auch das Autobahnprojekt A 20, das Autobahnprojekt A 39 sowie der Neubau der Autobahn A 33 Nord.

Die Hochstufung insbesondere für die Projekte A 20 und A 39 in den vordringlichen Bedarf erfolgte im Rahmen der Neuaufstellung des BVWP 2030. Begründet wurde die Hochstufung u. a. mit dem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) der Projekte. Die Berechnung der Gesamtkosten für die Autobahnprojekte basiert allerdings auf einer Datenlage aus dem Jahr 2012. Kritiker monieren darüber hinausgehend, dass das NKV auf einer Methodik basiert, die Klima- und Umweltbeeinträchtigungen nicht ausreichend in die Berechnung mit einbeziehe und relative Reisezeitgewinne zu hoch gewichte. Es ist davon auszugehen, dass die Kostenschätzungen für die Autobahnprojekte gegenüber dem Jahr 2012 überschritten werden. Diese Kostensteigerungen sind bislang bei den Autobahnprojekten nicht berücksichtigt worden. So hatte u. a. der Bundesrechnungshof in Bezug auf den BVWP 2030 kritisiert, dass keine belastbaren Datengrundlagen für die Ermittlung der tatsächlichen Investitionskosten vorhanden seien (u. a. Heilbronner Stimme 20.07.2016, BRH-Bericht 23.03.2016).

Aus den im BVWP 2030 beschlossenen Verkehrsprojekten stellt das Bundesverkehrsministerium sogenannte Fünfjahrespläne auf. In diesen Investitionsrahmenplänen (IRP) werden Investitionsschwerpunkte für den Aus- und Neubau festgelegt. Darüber hinaus ist das Bundesverkehrsministerium verpflichtet, im Rahmen der Bedarfsplanüberprüfung alle fünf Jahre zu prüfen, ob die Bedarfspläne an die Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung angepasst werden müssen. Dabei ist bislang nicht vorgesehen, dass auch Klimaschutzaspekte in die Bedarfsplanüberprüfung als Kriterium aufzunehmen sind.

Seit dem 01.01.2021 hat der Bund von den Ländern Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung und Verwaltung der Bundesautobahnen im Rahmen der neuen Autobahn GmbH übernommen.

1. In welcher Weise tauscht sich die Landesregierung mit ihren Straßenbaubehörden für die weiteren Planungen und Umsetzungen der geplanten Autobahnprojekte in Niedersachsen mit dem Bund bzw. der Autobahn GmbH aus, und wie konkret gestaltet sich die weitere Zusammenarbeit?

2. Ist der Landesregierung bekannt, ob und, wenn ja, wann die verpflichtend vorgesehenen Bedarfsplanüberprüfungen für die drei Autobahnprojekte A 20, A 39 und A 33 Nord durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) begonnen haben und wann sie jeweils abgeschlossen sein werden (bitte für die drei Projekte differenziert darstellen)?

3. Inwiefern setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass bei der Bedarfsplanüberprüfung auch die aktuellen Kostenentwicklungen sowie Baupreissteigerungen und verschiedene Risiken berücksichtigt werden und die Parameter der Nutzen-Kosten-Analyse entsprechend angepasst werden? Wenn nein, warum nicht?

4. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, dass im Rahmen der Bedarfsplanüberprüfung für die geplanten Autobahnprojekte in Niedersachsen auch die Gewichtung der Klimaschutzkriterien zu verändern ist? Wenn ja, inwiefern und auf welche Art und Weise plant sie, sich beim Bund für eine entsprechende Anpassung einzusetzen? Wenn nein, warum nicht?

5. Hält die Landesregierung einen vorläufigen Planungsstopp der niedersächsischen Autobahnprojekte angesichts der schon jetzt festzustellenden und absehbar weiteren Kostensteigerungen und der negativen Klimaschutzfolgen der Projektrealisierungen für erforderlich, bis die Ergebnisse aus einer (angepassten) Bedarfsplanüberprüfung vorliegen? Wenn ja, inwiefern wird sie sich bei der Bundesregierung hierfür einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

6. Wie wirkt sich aus Sicht der Landesregierung die sich seit der Corona-Pandemie verstärkende Veränderung hin zum Arbeiten zu Hause (Homeoffice) auf die Pendlerinnen- und Pendlerströme und somit auch auf die Verkehrsprognosen für die geplanten Autobahnprojekte in Niedersachsen aus? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu den mittel- und langfristigen Verkehrsvermeidungen, die infolge dieser Veränderung der Arbeitswelt in Niedersachsen realisiert werden können?

7. Wie beurteilt die Landesregierung die Kritik des Bundesrechnungshofs, dass dem Bundesverkehrswegeplan keine belastbaren Datengrundlagen für die Ermittlung der tatsächlichen Investitionskosten zugrunde lägen?

8. Wie beurteilt die Landesregierung im Hinblick auf die niedersächsischen Autobahnprojekte die Berücksichtigung des Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutzes im BVWP 2030, und sind diese Aspekte aus Sicht der Landesregierung ausreichend und in einem ausgewogenen Verhältnis zu den zu erwartenden Nutzen der Projekte gewichtet worden (bitte konkret begründen)?

9. Setzt sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür ein, dass die Bewertungsmethodik zur Bestimmung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses eines Infrastrukturprojektes dahin gehend verändert wird, dass die Kriterien Klimaschutz, Umweltschutz, Gewässerschutz und Gesundheitsschutz mit einer deutlich höheren Gewichtung im Vergleich zur heutigen Methodik berücksichtigt werden? Wenn ja, wie und in welchem Ausmaß strebt die Landesregierung welche konkreten Veränderungen an der Methodik an? Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Alternativprüfungen inklusive der Prüfung welcher konkreten Globalalternativen wurden zu den geplanten Autobahnprojekten in Niedersachsen wann und durch wen in welchem Umfang, mit welcher Methodik und mit jeweils welchem Ergebnis durchgeführt (bitte für die einzelnen Autobahnprojekte konkret aufführen)?

11. Muss der aktuelle Bundesverkehrswegeplan aus Sicht der Landesregierung grundlegend zu einem Bundesnetzplan bzw. Mobilitätsplan umgestaltet werden? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

12. Bedarf es aus Sicht der Landesregierung im Rahmen einer Umgestaltung des Bundesverkehrswegeplans deutlich mehr Mittel für den Ausbau der Schienenprojekte, des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs in Niedersachsen? Mit welchen Maßnahmen wird sich die Landesregierung gegebenenfalls konkret dafür einsetzen?

13. Teilt die Landesregierung die Einschätzung von Umweltverbänden, dass der BVWP 2030 deutlich hinter der Umweltrisikoeinschätzung aus dem Jahr 2003 zurückgeblieben ist? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?

14. Wie wirken sich aus Sicht der Landesregierung Planungskosten, Ersatzinvestitionen, Reisenutzen, Flächenverbrauch und Negativnutzen auf die Nutzen-Kosten-Analyse der geplanten Autobahnprojekte in Niedersachsen aus (bitte konkret und detailliert für die einzelnen Autobahnprojekte A 20, A 39 und A 33 Nord darstellen)?

15. Wie verträgt sich der Bau neuer Autobahnen mit dem Staatsziel Klimaschutz (NKlimaG) und dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen (Artikel 31 Landesverfassung)?

16. Wurden die langfristigen Kosten der CO2-Emissionen durch den Bau und den Betrieb der Autobahnen in die Kosten-Nutzen-Rechnung der Autobahnprojekte einkalkuliert und, wenn ja, wie hoch?

 

Alle Informationen und die Antwort der Landesregierung (sobald verfügbar) gibt es hier.

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