Volker Bajus: Rede zu den Haushaltsberatungen 2022/2023 – Schwerpunkt Soziales, Gesundheit, Gleichstellung

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Corona-Krise ist auch eine soziale Krise. Klar, vor dem Virus sind alle gleich, aber die sozialen und wirtschaftlichen Nebenfolgen sind doch sehr verschieden. Die Pandemie vergrößert die bestehenden Ungleichheiten, und da ist es Aufgabe der Politik gegen zu steuern und dabei besonders die Schwächeren, die Gefährdeteren im Blick zu haben.

Anrede,

statt sich den sozialpolitischen Herausforderungen zu stellen, sieht der Entwurf der Landesregierung an sensiblen Stellen Kürzungen vor, die von den Fraktionen nur notdürftig zurückgenommen wurden.

Hier erkennt man deutlich die Misere der Groko. Die CDU ist mit Selbstfindung und „Wunden lecken“ beschäftigt. Die SPD mit Selbstzufriedenheit über die unverhoffte Kanzlerschaft.

Natürlich ist die Haushaltssituation anspruchsvoll, doch von einer Landesregierung muss doch ein Mindestmaß an Gestaltungsanspruch erwartet werden können und nicht Selbstgenügsamkeit und Verzagtheit.

Anrede,

dazu ein paar Beispiele:

Gewalt gegen Frauen, gegen Mädchen und Jungen insbesondere auch sexualisierte Gewalt haben in der Pandemie zugenommen. Dass Sie die Koordinierungsstelle der Frauen- und Mädchenberatungsstellen nach nur drei Jahren wieder abschaffen haben, ist ein herber Rückschritt und wird den Erkenntnissen der Enquete-Kommission Kinderschutz nicht gerecht. Mit Blick auf die weiteren Empfehlungen der Enquete-Kommission wird auch nicht reichen, was Sie sonst über die politische Liste einplanen.

Corona hat die psychosoziale Situation vieler Menschen dramatisch verschlechtert. Homeoffice, Kontaktbeschränkungen, Einsamkeit, Homeschooling, Kurzarbeit, Jobverlust. Kein Wunder, dass Suchtprobleme zugenommen haben. Die Beratungsstellen ächzen unter Mehrbelastungen, während die Landeszuschüsse stagnieren. Auch hier bedurfte es der politischen Liste.

Vergessen wurden auf dieser Liste leider die Beratungsstellen für die Erwerbslosen, die allein wegen der Tarifsteigerungen einen Aufwuchs dringend nötig hätten. Und, dass trotz massiven Personalmangels in den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen die Schulgeldfreiheit für Heilerzieher*innen nicht kommt, obwohl im Koalitionsvertrag angekündigt, das ist wirklich beschämend.

Und dann ist da noch das Ehrenamt. Es ist ja nicht so, dass die gleichnamige Enquetekommission im Geheimen tagt. Standen im Haushalt 2021 noch zusätzliche Mittel, wurden diese von der Landesregierung wieder einkassiert, nur damit ein Teilbetrag über die politische Liste wiedereingestellt wird. Steigt bei ihrem Hin und Her eigentlich noch jemand durch?

Verschlechtert hat sich auch die Lage von Wohnungs- und Obdachlosen. Im Januar 2020 kündigt das Sozialministerium ein zusätzliches Programm an. Passiert ist seitdem nichts. Konsequenterweise findet sich auch im Haushalt nichts.

Anders im Bereich der Migrationsarbeit. Statt – wie es die Ampel in Berlin tut – ein klares Zukunftssignal für Einwanderung und Humanität zu setzen, gab es rücksichtslose Kürzungspläne. Die Wirkung auf die engagierten Mitarbeitenden war frustrierend. Der Protest zu Recht flächendeckend und so massiv, dass SPD und CDU einen Teil der Kürzungen wieder zurückgenommen haben. Leider fehlen für 2023 immer noch rund 1,5 Mio.

Und das obwohl wir alle wissen, dass wir weiterhin Geflüchtete aus humanitären Gründen aufnehmen werden und mit Blick auf den Arbeitsmarkt auch dringend weitere Einwanderung brauchen. Das heißt auch, mit Integrationsarbeit kontinuierlich weiter zu machen, die schließlich auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dient.

Dennoch geht hier ein tiefer Graben durch die GroKo und wohl auch mitten durch die CDU. Wenn der Kollege Schünemann die Ampel-Pläne am 08.12. als „ein Konjunkturprogramm für Schlepper und Schleuser“ diffamiert, dann ist das nicht nur Unsinn, sondern auch Propaganda vom rechten Rand. Mit solchen extremen Positionen kann man nicht regieren. So spaltet man das Land!

Anrede,

wir sehen, die Mehrheit hat ihre Spielräume nicht nutzen können, um sozialpolitische Akzente zu setzen. Die politische Liste reichte nicht mal, um die Löcher zu stopfen, die die Regierung aufgemacht hat.

Diese verpasste Chance könnten Sie bei der Schlussabstimmung korrigieren.

Vielen Dank

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