Volker Bajus: Rede zur Digitalisierung an Schulen (Aktuelle Stunde FDP)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

es gibt keine zwei Meinungen darüber, wie wichtig Kitas und Schulen für Kinder und Jugendliche sind. Deshalb sind auch bei schwieriger Corona-Lage die Schulen und Kitas offen zu halten! Nur was nützen solche Versprechen aus dem MK, wenn keine Lehrer*innen da sind, wenn „Kevin allein“ in der Schule ist?

Meine Damen und Herren,

die aktuellen Versorgungszahlen sind eine große Enttäuschung. Wir erleben ein 19-Jahre Tief. Das ist kein Zustand mit dem wir uns zufriedengeben dürfen. Hier gibt es weiterhin dringenden Handlungsbedarf.

Anrede,

bei der Präsentation dieser Zahlen zeigte sich der Kultusminister überrascht. Man habe ja nicht ahnen können, dass junge Lehrerkräfte von den Angeboten familienfreundlicher Arbeitszeiten Gebrauch machten. Im Ernst jetzt? Das war doch der Zweck des Unterfangens.

Lieber Herr Tonne,

wir setzen uns seit Jahren für gute, familienfreundliche Angebote auch für Lehrkräfte und für mehr Ganztagsschulen ein, und dann sind Sie überrascht, wenn diese Angebote tatsächlich auch genutzt werden? Das war doch nicht nur zu erwarten, sondern ist familienpolitisch ausdrücklich gewünscht.

Anrede,

unser Ziel muss weiterhin eine auskömmliche Unterrichtsversorgung sein, die, um auch Elternzeit, Teilzeit und Erkrankungen zu umfassen, rechnerisch über 100% liegen muss. Davon ist man in Niedersachsen weit entfernt. Darunter leiden die Lehrkräfte, die einen riesigen Berg an Plusstunden vor sich herschieben und es leiden die Schüler*innen, die vom Unterrichtsausfall betroffen sind.

Anrede,

wenn wir uns die Zahlen genauer ansehen, dann ist eine Unwucht auffällig. Betroffen sind vor allem Grundschulen und Haupt-, Real- und Oberschulen. Also gerade die Schulformen, in denen die Herausforderungen in besonderem Maße zugenommen haben.

Anrede,

eine erste kurzfristige Lösung wäre hier möglich. So wie wir es seit langem fordern und die Groko es eigentlich auch angekündigt hat – wie erst kürzlich bei der Feierstunde des VBE: Wir sollten endlich auch die Grund-, Haupt- und Realschullehrer*innen angemessen entlohnen. Solange in Niedersachsen ausgebildete Kräfte in Bundesländer mit attraktiverer A13-Besoldung abwandern, muss sich doch niemand über den Mangel wundern.

Da aber steht offensichtlich der Finanzminister vor. CDU und SPD folgen ihm dabei - zu Lasten der Lehrkräfte und Schüler*innen - willig. Aber das ist ja nichts Neues. Die Vernachlässigung der Infrastruktur und von Zukunftsinvestitionen wie hier in „die Köpfe von morgen“ ist bei Ihnen leider eine ideologische Grundfeste, die dringend geschliffen gehört.

Anrede,

natürlich müssen auch die Ausbildungskapazitäten weiter hochgefahren werden, aber es braucht im System Entlastungen – und zwar jetzt! Weniger Verwaltungsaufgaben für Lehrkräfte, damit diese auch wieder mehr unterrichten. Doch leider ist das Gegenteil der Fall.

Anrede,

und damit sind wir wieder bei der feststeckenden Digitalisierung. Die Mittel des Digitalpakts werden leider nur schleppend abgerufen. Weil ein offenbar zu bürokratisches Verfahren zu große Hürden für die Schulträger darstellt. Das weiß auch die Landesregierung seit langem.

Es ist an der Zeit, das endlich zu vereinfachen.

Vor allem wenn der Digitalpakt in die zweite Runde geht.

Befremdlich wirkt in diesem Zusammenhang die Kritik aus den Reihen der CDU, wenn sie wie zuletzt digitales Lernen auch bei Witterungsausfall fordern. Wer war noch mal in diesem Bundesland das Ministerium für Digitalisierung? Offensichtlich setzt sich die CDU immer nur dort für den notwendigen IT-Turbo ein, wo andere Verantwortung haben.

Sehr geehrter Herr Tonne,

Solange weiter Zuständigkeiten zwischen Schulbehörde und Schulträger ungeklärt sind, werden auch weiterhin I-Pads ohne Software beschafft, liegen ungenutzt im Schrank und werden neue IT-Strukturen aufgebaut, für die es aber keine IT-Admins gibt. Vielerorts übernehmen Lehrkräfte diese Aufgaben und da schließt sich der Kreis. Sie fehlen in dieser Zeit im Unterricht. Und wozu führt das dann wiederum? … zu weniger Unterricht.

Sich gegenseitig zwischen Land und Kommunen die Schuld zu geben, nützt weder den Schüler*innen noch den Lehrer*innen. Was wir brauchen sind Lösungen. Dazu hören wir aber weder etwas vom Digitalminister noch vom Kultusminister.

Die Digitalisierung in den Schulen braucht endlich didaktische Konzepte und zukunftsfähige Strategien. Ja, das ist auch ein politischer Kraftakt. Leider ist die Groko aber dazu offensichtlich nicht mehr in der Lage.

Vielen Dank.

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