Kleine Anfrage:Abfallprodukt der Öl- und Gasförderung: Wo und wie wird Lagerstättenwasser entsorgt?

Kleine Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Volker Bajus, Detlev Schulz-Hendel und Eva Viehof

Anfrage der Abgeordneten Imke Byl, Volker Bajus, Detlev Schulz-Hendel und Eva Viehoff (GRÜNE) an die Landesregierung, eingegangen am 10.02.2022

Mindestens sechs Versenkbohrungen für Lagerstättenwasser müssen in Niedersachsen bis spätestens Februar 2021 stillgelegt werden, da sie nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. 2015 wurde eine bundesrechtliche Verschärfung der Sicherheitsanforderungen an die Öl- und Gasförderung beschlossen. Demnach darf Lagerstättenwasser unterirdisch nur noch in sogenannten druckabgesenkten Gesteinsformationen verpresst werden, wo zuvor Öl oder Gas gefördert wurden und ein dauerhafter Verschluss gesichert ist. Nun enden die Übergangsfristen für die Industrie.

Betroffen sind die Versenkstellen Söhlingen H1 und Sottrum Z1 (LK Rotenburg) sowie Dethlingen H1 und Walsrode H1 (Heidekreis) des Förderunternehmens ExxonMobil, außerdem Vorhop 30a des Unternehmens Vermilion (LK Gifhorn) sowie Speicher Kalle S102 der RWE Gasstorage West (Grafschaft Bentheim). An diesen Versenkstellen wurden in den vergangenen zehn Jahren über 1,1 Millionen m3 Lagerstättenwasser aus der Öl- und Gasförderung im Untergrund verpresst (vgl. Drs. 18/8253 neu).

Lagerstättenwasser ist ein Abfallprodukt der Öl- und Gasförderung. Je nach Muttergestein verfügt das Lagerstättenwasser über einen sehr hohen Salzgehalt. Weiter ist es regelmäßig mit Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen und auch radioaktiven Stoffen belastet.

Die Diepholzer Kreiszeitung berichtete am 25.3.2021:
„Die ,ExxonMobil‘ legt ihre Pläne zur Umrüstung der ehemaligen Erdgasförderbohrung Siedenburg Z11 in der Gemeinde Borstel für die Versenkung von Lagerstättenwasser auf Eis, da die bestehenden Kapazitäten ausreichen, hieß es Anfang der Woche in einer Pressemitteilung des Unternehmens. ,Das ist für uns ein Teilerfolg - mehr nicht‘, (... so ein Vertreter...) der Bürgerinitiative ,Mensch und Umwelt Sulinger Land‘. Positiv sei, dass keine zusätzliche Versenkbohrung in der Samtgemeinde Siedenburg realisiert werde; allerdings falle aus der laufenden Produktion an anderen Standorten weiterhin Lagerstättenwasser an, das entsorgt werden müsse. (... Der Vertreter der Bürgerinitiative) spricht von ,Gerüchten‘, dass die Verpressungsanlage Wietingsmoor H3, westlich von Ehrenburg, für diesen Zweck ausgebaut werden soll: ‚Vielleicht gibt es da weniger Widerstand. Das Sulinger Land ist zumindest nicht raus.‘

Laut Klaus Torp, Pressesprecher der ‚ExxonMobil Central Europe Holding GmbH‘, bestehen im Landkreis Diepholz in den Bohrungen Groß Lessen Z1 (Stadt Sulingen), Buchhorst Z20 (Gemeinde Wehrbleck), Wietingsmoor H1 (Gemeinde Drentwede) und Wietingsmoor H3 (Gemeinde Ehrenburg) Versenkkapazitäten.“

1. Welche Anträge für neue Einleitstellen für Lagerstättenwasser bzw. Umnutzungen von Bestandsbohrungen liegen derzeit vor (bitte je Datum, Antragssteller und Vorhabenstandort nennen)?

2. Inwiefern bedürfen zusätzliche Versenkungen von Lagerstättenwasser aus dem Landkreis Rotenburg oder dem Heidekreis in den Einleitbohrungen Groß Lessen Z1, Wietingsmoor H1 oder Dötlingen Z5 oder anderen Bestandseinleitbohrungen einer Genehmigung und Öffentlichkeitsbeteiligung?

3. Inwiefern ist ein weiterer Ausbau der Einleitanlage Wietingsmoor H3 im Landkreis Diepholz geplant? Wie ist diesbezüglich der Verfahrensstand und Zeitplan?

4. Wird die Landesregierung die Öffentlichkeit unabhängig von der Genehmigungsbedürftigkeit darüber informieren, an welchen Einleitbohrungen zusätzliche Lagerstättenwassermengen infolge von Stilllegungen bisheriger Verpressstellen versenkt werden?

5. Warum werden Emlichheim 132, Emlichheim 51, Düste Jura 13 und Speicher Kalle S 102 in der Drs. 18/8253neu, Antwort 12, nicht unter den Bohrungen aufgeführt, durch die seit 2016 Lagerstättenwasser in unterirdische Gesteinsformationen eingebracht wurde?

6. Fehlen in der Drs. 18/8252neu Bohrungen, an denen seit 2016 Lagerstättenwasser in unterirdische Formationen eingebracht wurde? Wenn ja, welche (bitte je Namen der Bohrung, Landkreis, Betreiber, Art der Bohrung, Versenktiefe, Menge der bislang eingeleiteten Stoffe seit 2011, gegebenenfalls Betriebsende/Laufzeitbefristung, und ob es sich um eine druckabgesenkte Gesteinsformation handelt angeben; bitte nötigenfalls auch die erforderlichen Informationen nachliefern, sodass die Drs. 18/8252neu entsprechend korrigiert werden kann)?

7. Bis spätestens Februar 2022 müssen mehrere Einleitbohrungen stillgelegt werden, weil diese nicht in druckabgesenkte Formationen einleiten:

a) Wie und wo soll nach Außerbetriebnahme der Versenkbohrung Sottrum Z1 das anfallende Lagerstättenwasser entsorgt werden? Wann hat der Betreiber ein Entsorgungskonzept nach § 22 c Abs. 4 ABBergV vorgelegt, und welche Optionen für eine anderweitige Entsorgung enthielt dieses?

b) Wie und wo soll nach Außerbetriebnahme der Versenkbohrung Dethlingen H1das anfallende Lagerstättenwasser entsorgt werden? Wann hat der Betreiber ein Entsorgungskonzept nach § 22 c Abs. 4 ABBergV vorgelegt, und welche Optionen für eine anderweitige Entsorgung enthielt dieses?

c) Wie und wo soll nach Außerbetriebnahme der Versenkbohrung Walsrode H1 das anfallende Lagerstättenwasser entsorgt werden? Wann hat der Betreiber ein Entsorgungskonzept nach § 22 c Abs. 4 ABBergV vorgelegt, und welche Optionen für eine anderweitige Entsorgung enthielt dieses?

d) Wie und wo soll nach Außerbetriebnahme der Versenkbohrung Vorhop 30a das anfallende Lagerstättenwasser entsorgt werden? Wann hat der Betreiber ein Entsorgungskonzept nach § 22 c Abs. 4 ABBergV vorgelegt, und welche Optionen für eine anderweitige Entsorgung enthielt dieses?

e) Wie und wo soll nach Außerbetriebnahme der Versenkstelle Speicher Kalle S102 das anfallende Lagerstättenwasser entsorgt werden? Wann hat der Betreiber ein Entsorgungskonzept nach § 22 c Abs. 4 ABBergV vorgelegt, und welche Optionen für eine anderweitige Entsorgung enthielt dieses?

8. Vor dem Hintergrund, dass die geltenden Genehmigungen zur Einleitung von Lagerstättenwasser im Landkreis Diepholz weder eine zeitliche Befristung noch eine geografische Begrenzung für die Einleitung von Lagerstättenwasser aus bestimmten Förderstellen enthalten und dass das maximale Einleitvolumen allein durch die maximal zulässigen Gebirgsdrücke beschränkt wird:

a) Trifft dies auf alle niedersächsischen Einleitbohrungen in druckabgesenkten Formationen zu? Falls nein, für welche Einleitbohrungen gelten welche Beschränkungen?

b) Inwiefern enthalten die geltenden Genehmigungen zur Einleitung von Lagerstättenwasser Beschränkungen bezüglich der Zusammensetzung des einzuleitenden Lagerstättenwassers, u. a. bezüglich Schwermetallen und Radioaktivität?

c) Inwiefern enthalten die geltenden Genehmigungen der Einleitstellen Regelungen, die verhindern, dass Lagerstättenwasser aus anderen Formationen eingeleitet wird, das höhere Quecksilber- oder Radioaktivitätswerte aufweist?

d) Inwiefern ist es auf Grundlage der geltenden Genehmigungen zur Einleitung von Lagerstättenwasser zulässig, Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung in Erdöllagerstätten einzuleiten?

9. Vor dem Hintergrund der Aussage der Landesregierung „Grundsätzlich wird in den Versenkbohrungen der Unternehmen Wintershall Dea und EMPG nur Lagerstättenwasser aus den jeweils eigenen Förderstätten eingeleitet“5:

a) Bezieht sich die Aussage auf den jeweiligen Betreiber oder die Eigentümer der Förderstätten?

b) Ist eine Einleitung von Lagerstättenwasser aus Förderstätten anderer Unternehmen auf Grundlage der geltenden Genehmigungen grundsätzlich zulässig?

c) An welchen Versenkbohrungen des Betreibers Winterhall Dea wird Lagerstättenwasser aus Förderstätten anderer Betreiber eingeleitet?

d) An welchen Versenkbohrungen des Betreibers EMPG wird Lagerstättenwasser aus Förderstätten anderer Betreiber eingeleitet?

10. Wie viel Erdöl und Erdgas wurden bzw. werden in Niedersachsen

a) im Jahr 2010 jeweils jährlich und

b) aktuell pro Jahr gefördert?

11. Welche Mengen Lagerstättenwasser fielen bzw. fallen in Niedersachsen

a) im Jahr 2010 und

b) aktuell pro Jahr an (bitte nach Landkreis aufschlüsseln und für Öl- und Gasförderung getrennt aufführen)?

12. Welche Mengen Lagerstättenwasser werden je Landkreis pro Jahr im Untergrund entsorgt?

13. Wird Lagerstättenwasser zur Produktionserhöhung eingesetzt? Wenn ja, bitte Förderfeld, Unternehmen, Landkreis und Mengen angeben.

14. Welche Förderunternehmen behandeln und entsorgen welche Mengen Lagerstättenwasser außerhalb des Bergbaus (bitte Veränderungen im Vergleich zu Antwort 2 der Drs. 18/9309 aufführen und jeweils beauftragte Entsorgungsunternehmen, Ort der Behandlung und angewandte Aufbereitungsmethoden nennen)?

a) In welche Kläranlagen, Gewässer bzw. andere Einleitstellen in Niedersachsen und andernorts wird aufbereitetes Lagerstättenwasser von niedersächsischen Förderstellen eingeleitet (bitte Veränderungen im Vergleich zu Antwort 2 der Drs. 18/9309 aufführen und Ort, Landkreis, Anlage sowie annehmenden Betrieb und Mengen angeben)?

b) Welchem Abfallschlüssel (AVV) wird Lagerstättenwasser zugeordnet?

c) Wie, wo und von wem werden die festen Rückstände entsorgt (bitte Ort und Landkreis angeben)?

d) Werden diese Rückstände chemisch analysiert, wenn ja, von wem und wie häufig?

e) Welchem Abfallschlüssel (AVV) werden die festen Rückstände der Lagerstättenwasser-Aufbereitung zugeordnet?

15. In welchen Teufen liegen die Kohlenwasserstoffvorkommen im Feld Wietingsmoor?

16. In welchen Teufen liegen die Kohlenwasserstoffvorkommen im Feld Düste/Wietingsmoor?

17. Über welche Teufen erstrecken sich an den folgenden Versenkbohrungen druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen (bitte jeweils Oberkante und Unterkante der Formation angeben), und welche Mengen von Kohlenwasserstoffen wurden in welchen Zeiträumen aus den jeweiligen Formationen gefördert

a) Wietingsmoor H1 (Versenktiefe 1 310 m),

b) Wietingsmoor H3 (Versenktiefe 1 380 m),

c) Dörpel 1 (Versenktiefe 1 321 m),

d) Düste J2 (Versenktiefe 1 224 m),

e) Düste J20 (Versenktiefe 1 228 m),

f) Groß Lessen Z1 (Versenktiefe 1 265 m),

g) Buchhorst Z1 (Versenktiefe 1 011 m)

h) Dötlingen Z5 (Versenktiefe 2 998 bzw. 3 160 m)?

Alle Informationen und die Antwort der Landesregierung (sobald verfügbar) gibt es hier.

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