Volker Bajus: Rede zu „Beratung und Unterstützung für Kinder und Familien in Niedersachsen verbessern und bündeln - Familienzentren absichern und flächendeckend anbieten“

Rede TOP 35: „Beratung und Unterstützung für Kinder und Familien in Niedersachsen verbessern und bündeln - Familienzentren absichern und flächendeckend anbieten“ (Antrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,
die Erziehung und Bildung von Kindern ist eine der bedeutendsten, anspruchsvollsten und schönsten Aufgaben von Familien, dem zentralen Ort für die Sozialisation der Kinder. Was hier passiert, oder eben nicht, ist maßgeblich für die Entwicklung, für die Lebenschancen und ‑risiken des Kindes. Familien stehen deswegen zu Recht unter besonderen Schutz. Unsere Aufgabe ist es, die Unterstützungsstrukturen bedarfsgerecht und zeitgemäß weiter zu entwickeln.

Darum geht es in unserem Antrag. Wir wollen Familienzentren absichern und ein flächendeckendes Angebot ermöglichen. Es geht nicht nur um den besten Schutz und die beste Bildung, sondern auch um die beste Unterstützung für Kinder, ihre Mütter und Väter in dem womöglich spannendsten, aber auch herausforderndsten Lebensabschnitt.

Denn: Nicht alle Kinder sind Wunschkinder. Nicht wenige Eltern werden vom radikalen Wandel der eigenen Lebensverhältnisse überrascht. Viele Eltern haben große Erwartungen, zugleich nimmt die Verunsicherung über die „richtige“ Erziehung stark zu. Eltern wollen die bestmögliche Förderung ihrer Kinder, müssen sich aber gleichzeitig um ihren beruflichen Werdegang kümmern und auch die eigenen Bedürfnisse im Blick behalten.

Viele Eltern müssen das ganz alleine schaffen: Jedes fünfte Kind lebt „nur“ mit Mutter oder Vater zusammen. Zudem ist Kinder zu bekommen immer noch ein Armutsrisiko. 12 Prozent der Kinder in Niedersachsen leben von Grundsicherung, jedes vierte ist armutsgefährdet.

Nun gibt es vor Ort viele gute Beratungs- und Unterstützungsangebote: Familienbildungsstätten, Familienberatungsstellen, frühe Hilfen, Erziehungsberatung, Kinder- und Jugendhilfe etc.

Das wichtigste Angebot, das ja auch fast alle in Anspruch nehmen, sind mit einer Betreuungsquote von über 90 Prozent die Kitas. Kaum eine andere Institution hat so viel regelmäßigen und intensiven Kontakt zu Familien wie diese. Auch aus einem ganz praktischen Grund. Kita Kinder kommen nicht allein, sondern werden gebracht. Eltern kommen also sowieso in die Kita. Mehr Niedrigschwelligkeit geht kaum, deswegen sind Kitas, aber auch Grundschulen ganz besonders geeignet als Anlaufstelle und Knotenpunkt für alle Angebote für Familien, wo Bildung, Betreuung, Begegnung und Beratung an einem Ort stattfindet.

Familienzentren sind sowohl auf dem Land als auch in der Stadt wichtige Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern.

Sie unterstützen Eltern bei der Bewältigung ihres Familienalltages und schaffen niederschwellig Zugang zu den verschiedensten professionellen Beratungsleistungen, zu pädagogisch-therapeutischen Angeboten oder zu Sport-, Kunst- oder Musikvereinen. Sie leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit.

In den meisten Ländern gibt es Landesprogramme für Familienzentren. Zum Beispiel NRW: dort wurde seit 2007 an einem flächendeckenden Angebot gearbeitet, inzwischen gibt es dort mittlerweile über 3.500 Zentren.

Zum Vergleich Niedersachsen: hier gibt es aktuell 215 Familienzentren an Kitas, es gibt kein Landesprogramm, keine Rechtsgrundlage, keine Qualitätsstandards.

Dafür aber eine Durchführungsverordnung zum NKitaG, die den Betrieb von Familienzentren deutlich erschwert. Ausgerechnet das von der Großen Koalition beschlossene neue Kita-Gesetz aus dem letzten Sommer hat ja keinerlei Fortschritt gebracht sondern nur neue bürokratische Hürden. Es wird Zeit, dass Niedersachsen ein umfassendes Landesprogramm für Familienzentren aufbaut und umsetzt.“

So erleben wir jetzt ausgerechnet mit der Regierung Weil einen familienpolitischen Rückschritt bei einem Thema, bei dem die Stadt Hannover in der Zeit als der Ministerpräsident noch dort Verantwortung hatte, landesweit Vorreiter wurde.

Es wird Zeit, dass Niedersachsen ein umfassendes Landesprogramm für Familienzentren aufbaut und umsetzt.

Wir sind dazu bereit. Gerade jetzt, wo die Pandemie viele Kinder und Familien sehr gebeutelt hat. Und in einer Zeit, wo der Zuzug vieler weiterer Menschen, die Schutz und ein neues Zuhause suchen, umso mehr gute Unterstützungsstrukturen braucht.

 

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