Volker Bajus: Rede zur Änderung des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes

TOP 9: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes und anderer Gesetze


- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

nach rund 3 Jahren Beratungszeit ist nun endlich vorliegende, runderneuerte Justizvollzugsgesetz und die damit verbundenen Vollzugsgesetze mehr als überfällig.

Obwohl wir mit einigen Inhalten nicht einverstanden sind, begrüßen wir doch den Abschluss dieses zähen und holperigen Gesetzgebung-Verfahrens, weil einige Punkte dringend der (Neu‑)Regelung bedürfen.

Leider wies der Gesetzgebungsprozess jedoch einige erhebliche Mängel auf. Abgesehen von der langen Dauer und den mehrfach nachgereichten zusätzlichen Inhalte haben offensichtliche Unstimmigkeiten innerhalb der Landesregierung bei zentralen Inhalten - wie den datenschutzrechtlichen Regelungen - zu starken Verzögerungen geführt.

Letztlich war es wohl das Unvermögen der Großen Koalition, sich zu einigen und zugleich belastbare Formulierungen zu finden, dass dazu geführt hat, dass unser allseits geschätzter Gesetzgebungs- und Beratungsdienste (GBD) über die Maße hinaus beansprucht wurde. Denn, ein Großteil der Arbeit, der eigentlich der Landesregierung als Antragsteller oder den Fraktionen des Landtages als Gesetzgeber oblegen hätte, wurde auf den GBD abgewälzt. Unter anderem das Datenschutzkapitel und die Ausführungen zu den Fixierungen.

Die Groko wollte zwar, war offensichtlich nicht in der Lage. Dem GBD jedenfalls gebührt für seine unermüdliche Arbeit herzlicher Dank und Anerkennung.

Ebenfalls besonderer Dank an die Landesdatenschutz-Beauftragte, die sehr deutlich auf die zahlreichen datenschutzrechtlichen Schwierigkeiten und Risiken sowie ihre diesbezüglichen Bedenken hingewiesen hat.

Anrede,
auch bei dem verfassungsrechtlich sehr anspruchsvollen Aspekt der Fixierung von Gefangenen hat der GBD den wesentlichen Beitrag geleistet. Die letztlich gefundene Lösung ist aus meiner Sicht zufriedenstellend. Sie gibt den Beschäftigten, die in der Not handeln müssen, mehr Rechtssicherheit und rettet Betroffene vor körperlichen Schäden – aber es bleibt ein Eingriff in die Grundrechte - ein schmaler Grat also.

Anrede,

für uns Grüne ist insbesondere die Regelung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ), also der sogenannten elektronischen Fußfessel, nicht zustimmungsfähig. Wir lehnen sie grundsätzlich ab. Nicht nur weil sie eine schwerwiegende Einschränkung der Gefangenen-Rechte bedeutet und unverhältnismäßig ist. Auch der GBD sieht hier ja erhebliche verfassungsrechtliche Risiken. Es muss zudem bezweifelt werden, ob es in der Praxis überhaupt hinreichende Anwendungsfälle gibt. Wir werden den Einsatz jedenfalls kritisch begleiten!

Das gilt auch für die erweiterten Möglichkeiten, Kontakte von Gefangenen zu Medien einzuschränken. Im Sinne des Opferschutzes nach den Erfahrungen im Fall Högel ist das Anliegen berechtigt. Aber, dies darf nicht zu einer Beschränkung der Pressefreiheit führen.

Auch bei den Regelungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz haben wir, trotz der anerkennenswerten Verbesserungen durch den GBD weiterhin Zweifel, unter anderem wegen der ungeklärten Angemessenheit der Dauer der Datenspeicherung. Die jetzige Regelung ist willkürlich gewählt und hat keine sachliche Begründung.

Anrede,

schädlich ist die Herabsetzung der monatlichen Besuchsdauer von 4 auf 2 Stunden. Begründet wird dies von Ihnen mit der Vermeidung der Einführung von Drogen. Wir glauben, sie schieben hier das Fehlverhalten einiger Gefangener nur vor, mit negativen Folgen für alle. Sie versuchen verzweifelt Personallöcher zu stopfen, auch wenn dies zu Lasten der Resozialisierung geht. Das machen wir nicht mit.

Fazit: Trotz langer Bearbeitung und viel Hilfestellung von außen retten sich SPD und CDU nur knapp über die Ziellinie der Legislatur. Diesem halbgaren Gesetz können wir nicht zustimmen!

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