Volker Bajus: Rede zum AfD-Gesetzentwurf zum Justizvollzug
TOP 8 – AfD-Gesetzentwurf zum Justizvollzug
- Es gilt das gesprochene Wort -
Die AfD legt hier heute einen Gesetzentwurf vor, der in der Sache nicht weiterhilft und den Beschäftigten im Justizvollzug die Arbeit erschwert. Er ist im zentralen Punkt vage, weil nur „grundsätzlich“ und unpräzise, weil unklar, wofür „maßgeblich“ stehen soll. Ja schlimmer noch, der Entwurf soll Eindeutigkeit suggerieren, würde aber Vieldeutigkeit schaffen.
Das Letzte was der Vollzug gebrauchen kann, ist ein handwerklich schlechtes Gesetz. „Schlecht“ wäre hier noch geschönt.
Transgeschlechtlichkeit ist keine Kopfgeburt, sie ist Realität. Transgeschlechtliche Menschen haben das Recht auf Akzeptanz, Respekt und Gleichbehandlung in der Gesellschaft. Das garantiert das Grundgesetz ebenso wie einschlägige Urteile des Bundesverfassungsgerichts.
Was es aber nicht gibt, ist das Recht von Straffälligen, sich ein Gefängnis aussuchen zu dürfen. Auch nicht unter Berufung auf das neue Selbstbestimmungsgesetz selber zu entscheiden, ob Frauen- oder Männervollzug.
Der medienwirksam inszenierte Fall des Neonazis Liebich, der als Mann meint, das Gesetz so ausnützen zu können und es damit gleichsam zu parodieren, irrt. Das SBGG lässt sich dafür nicht missbrauchen, dass sich Männer quasi in Frauengefängnisse qua Personenstandsänderung selbst einweisen. Es gibt da keinen Automatismus.
Ich darf dazu die Gesetzesbegründung zitieren: „Die Unterbringung von Strafgefangenen muss sich nicht allein am Geschlechtseintrag orientieren, das SBGG gebietet mithin nicht, dass Personen immer entsprechend ihrem personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag in einer entsprechenden Anstalt untergebracht werden. Das Grundgesetz und die Fürsorgepflicht der Anstalt verlangen vielmehr, bei der Unterbringung im Strafvollzug die Sicherheitsinteressen und Persönlichkeitsrechte aller Strafgefangenen zu berücksichtigen.“ (BT-Drs. 20/9049)
Von daher gehe ich davon aus, dass Liebich, egal ob die AfD ihn oder sie jetzt als „Gesinnungsbruder“ oder „Schwester im Geiste“ ansieht, die Haft nach entsprechender Prüfung wohl doch im Männergefängnis antritt. Diese Art Einzelfallprüfung wird auch in Niedersachsen praktiziert. Übrigens schon seit vielen Jahren, also auch schon vor dem SBGG.
Die von der AfD phantasierte Bedrohungslage gibt es gar nicht. Was es gibt, ist Gewalt, auch sexualisierte Gewalt in Haft. Auch und gerade im Männerknast. Diese ist strafbewehrt und wird auch verfolgt. Strafrechtlich und mit Konsequenzen bei den Haftmaßnahmen. Das zeigt ja auch der zitierte Fall in Vechta - wo konsequent dagegen vorgegangen wurde.
Der politische Auftrag ist, die Haft so zu verbessern, dass Gewalt bestenfalls vermieden, zumindest aber verringert wird. Wirksame Vorschläge dazu haben wir heute von der AfD wieder nicht gehört. Leider wieder nur wirre Reden über Sexualität anderer Menschen.
Das hätten Sie sich sparen sollen. Denn das haben die Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag im Vollzug ihren Dienst für uns tun, nicht verdient, dass sie hier für AfD-Propaganda gegen Minderheiten missbraucht werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!