Volker Bajus: Rede zum Niedersächsischen Strafvollzug (Aktuelle Stunde CDU)
Rede Top 30 a: Drogen sind kein Mittel der Resozialisierung - hat die Justizministerin den Strafvollzug nicht im Griff? (Aktuelle Stunde CDU)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
um Eines von vorneherein klar zu stellen: Alkohol und andere Drogen haben im Justizvollzug nichts zu suchen. Das ist fachlich und politisch völlig unstrittig.
Nun ja, eigentlich ist das genauso ein Gemeinplatz, wie der Umstand, dass es in jeder JVA, egal wo, Drogen gibt. Nicht nur Alkohol - dann wären unsere Probleme deutlich geringer - sondern viel härtere Sachen und vor allem immer mehr Designerdrogen. Das Fiese an ihnen: sie sind billig, werden immer wieder anders „designed“, man kann sie nicht sehen oder riechen. Selbst erfahrene Kontrolleure erkennen sie nur schwer. Aber das Schlimmste: ihre Wirkung wird immer unberechenbarer. Schlimm übrigens nicht nur für den Konsumenten, der mit schwersten gesundheitlichen Folgen rechnen muss, sondern auch für das JVA-Personal, die immer mehr unberechenbare „Drogenzombies“ betreuen müssen.
Das alles ist harte Alltagsrealität. Das mag schwer zu akzeptieren sein und dennoch müssen wir damit einen angemessenen Umgang finden.
Anrede,
das ist das eigentliche Problem, das wir in den JVAs haben. Nicht – um den Chef der Gewerkschaft der Straffvollzugsbeamt:innen, Oliver Mageney, zu zitieren - ein paar dumme Jungs, die auf Social Media auf dicke Hose machen.
Ich will hier nichts bagatellisieren. Alkohol hat auch im offenen Vollzug nichts verloren. Der Vorfall hat Konsequenzen. Die Täter sind – soweit noch Haftstrafen abzusitzen sind – wieder im geschlossenen Vollzug. Und das ist auch richtig so. Sie aber, Herr Calderone, müssen sich vorwerfen lassen, den Zechern auf den Leim gegangen zu sein. Die wollten Aufmerksamkeit, wollten mal „die Kings“ sein. Und Sie tun ihnen auch noch den Gefallen.
Anrede,
Es sind die Mitarbeitenden der betroffenen JVA in Meppen, die sich am allermeisten ärgern, dass so ein Mist passiert. Die werden alles tun, damit so etwas nicht wieder passiert. Und das machen sie nicht erst, seitdem schlagzeilenträchtig darüber berichtet wird, sondern das machen sie sowieso, jeden Tag! Das ist ihr Job. Ein harter Job und den machen sie gut! Wie auch unsere Justizministerin.
Dafür sind wir den Kolleginnen und Kollegen zum Dank verpflichtet. Das wäre angemessen. Unangemessen erscheint mir dagegen der parlamentarische Umgang der CDU damit.
Eine vernünftige Opposition, der es um die Sache geht, um die Wertschätzung der Arbeit der Kolleg*innen in den JVAs, die wartet die von ihr selbst beantragte Unterrichtung ab. Die ist übrigens in drei Stunden. Aber, Sie starten schon vorher diesen unterirdischen, respektlosen Skandalisierungsversuch, bevor Sie überhaupt die notwendigen Infos kennen!
Das zeigt, die realen Umstände sind Ihnen eigentlich „piepenhagen“. Sie wollen schwadronieren und spekulieren. Sie wollen eine parteipolitische Suppe daraus kochen. Parteipolitik auf dem Rücken der Mitarbeitenden der JVA. Nicht mit uns!
Anrede,
und dann reden sie gleich auch noch den ganzen offenen Vollzug schlecht. Alle, auch alle christdemokratischen Justizminister*innen in Deutschland, auch die Vorgängerin in Niedersachsen, Frau Havliza, sehen darin einen wichtigen und wirksamen Baustein der Resozialisierung. Nämlich die Heranführung von Häftlingen, die sich bewährt haben, die sich für den offenen Vollzug durch vorbildliches Verhalten im geschlossenen Vollzug qualifiziert haben, zurück an den Alltag draußen.
Wie eine Studie des Kriminologisches Forschungsinstituts Niedersachsen zeigt, ist der offene Vollzug rückläufig und damit die Resozialisierung in Gefahr. Das liegt auch an der “schwieriger“ werdenden Klientel. Ist das ein Grund zu kapitulieren?
Für die CDU offensichtlich schon. Für uns nicht! Wir müssen und werden den offenen Vollzug zeitgemäß weiterentwickeln. Der Sicherheit der Menschen in diesem Land zuliebe, denn die beste Sicherheit ist eine gelungene Resozialisation.
Dass dann die AfD auch noch den 24-stündigen Fluchtversuch des Sicherheitsverwahrten hiermit zusammen mischt, nur weil das auch irgendwie mit dem Standort Meppen zu tun hat, zeigt umso mehr, dass sie hier die Sachebene mit der Politebene nach Belieben vermischen. Der Fall hat zwar nichts mit dem Offenen Vollzug zu tun, aber sei es drum, es passt gut in ihr Skandalgeschrei und spielt so passend mit der Angst der Menschen.
Anrede,
so kann man kein Land regieren, kein Vertrauen gewinnen, so kann man nur Panik machen und Politik ruinieren. Schade, dies hätte eine gute ehrliche Debatte über Drogen und Knast werden können. Aber, dazu braucht es mehr als eine gute Regierung, wie wir sie haben. Dazu braucht es auch eine sachorientierte Opposition.