Volker Bajus: Rede zur Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages

Top 4: Änderung Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtags

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Demokratie lebt von den Menschen, die sie tragen. Dafür braucht sie Spielregeln. Unsere stehen in der Geschäftsordnung. Diese muss, wie das gesellschaftliche Leben, regelmäßig an geänderte Verhältnisse anpasst werden. Das tun wir in guter Tradition auch in der neuen Periode. Halten wir fest:

  1. Der Landtag ist vielfältiger geworden. 15 Jahre nach der UN-Behindertenrechtskonvention ist es allerhöchste Zeit, dass er auch inklusiver wird. Dazu gehört ohne Hand heben oder Aufstehen abzustimmen. Das war - auch im Jahr 2022 - hier bislang nicht möglich!
  2. Corona war und ist eine Plage, hat aber mithin die Digitalisierung beschleunigt. Die Möglichkeit hybrider Sitzungen, wäre ohne Pandemie allenfalls andiskutiert, wohl kaum aber durchgesetzt worden.
  3. Corona hat bei allem Leid auch dazu geführt, dass mehr Menschen die Vielfalt Niedersachsens entdecken konnten, weil andere Zielgebiete ausfielen. Niedersachsens Schönheiten können aber noch viel mehr überzeugen. Deswegen schlagen wir vor, dass sich dem Thema Tourismus ein eigener Unterausschuss widmet.
  4. Und damit kommen wir zu einer umstrittenen Neuerung: Die teilweise scharfe Kritik, die sich am Vorschlag von SPD und CDU eines fünften Vizepräsidentenamts entzündet, ist durchaus nachvollziehbar. Schließlich stellt sich die Frage, was das geeignete Maß an Repräsentanz für die Volksvertretung ist!

Anrede,
hier geht es nicht um gemütliche Posten für Frühstücksdirektor:innen. Unser Land braucht aktive Botschafter:innen in Sachen Demokratie, die die Arbeit des Landtags in der Fläche erklären und aktiv den kritischen Dialog suchen.

Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und immer mehr Desinformation sind eine wachsende Herausforderung. In einer Welt, in der Krisenlagen immer häufiger zum neuen Alltag gehören, steht Demokratie unter wachsendem Legitimationsdruck. Das erleben wir alle, immer öfter auch im politischen Alltag – auch wieder hier im Landtag.

Ob ein weiterer Vize hierbei hilft, darüber kann man verschiedener Meinung sein. Wir Grüne haben uns die Entscheidung dazu nicht leicht gemacht. Nach Abwägung aller Argumente tragen wir das mit. Dieses Votum ist jedoch verbunden mit der Erwartungshaltung, dass sich das neue Team um Präsidentin Hanna Naber den verstärkten Anforderungen offensiv stellt und intensiv angeht. Auf die neuen Vizes kommen also viel Arbeit und große Erwartungen zu.

Und noch eins, meine Damen und Herren,
demokratische Institutionen erzeugen natürlich Kosten. Und, natürlich muss deren Angemessenheit immer wieder überprüft werden. Der Steuerzahlerbund hat hierzu einen sehr interessanten Vorschlag gemacht. Darüber sind wir mit den anderen demokratischen Fraktionen im Gespräch.

Anrede,

Noch ein Wort zur AFD. Wie glaubwürdig ist es eigentlich, wenn sie die höhere Anzahl der Vizeämter massiv kritisieren, im gleichen Atemzug aber selbst einen Posten für sich reklamieren? Da dürfen Sie sich nicht beschweren, wenn das in der Öffentlichkeit als Heuchelei beanstandet wird.

Unterm Strich: Mit der neuen Geschäftsordnung wollen wir die Demokratie in diesem Parlament modernisieren und stärker nach außen tragen.

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