Volker Bajus: Rede zur Aussprache zum Abschlussbericht des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss
Rede Top 3: 25. Parlamentarischer Untersuchungsausschuss - „Praxis der AT-Vergütung in der Niedersächsischen Staatskanzlei und den Ministerien“ – Aussprache zum Abschlussbericht
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
Als erstes möchte ich den Mitarbeitenden der Landtagsverwaltung, der Landesregierung und den Fraktionen meinen Respekt zollen. Angesichts der Überflüssigkeit des Untersuchungsausschusses war es mit Sicherheit nicht immer einfach, sich zu motivieren. Sie haben ihre Arbeit stets gewissenhaft, präzise und zuverlässig gemacht. Dafür vielen Dank!
Ja, meine Damen und Herren, das war viel Aufwand für wenig Ertrag. Der PUA hat zwar viel Zeit und Geld gekostet, aber leider die Politik in Niedersachsen kein Stück vorangebracht. Dieses Land hatte ja schon einige Untersuchungsausschüsse, zum Giftmüll, zum Celler Loch, zur Asse - die meisten zu wichtigen Themen - und keiner war so überflüssig wie dieser.
Anrede,
Die CDU wollte unbedingt einen Skandal herbeireden und hat deswegen den PUA erzwungen. Wenn aber schon alle Fakten auf dem Tisch sind, dann ist das das falsche parlamentarische Instrument, denn dann gibt es gar nichts mehr zu untersuchen.
Fest steht,
die Bezahlung der Büroleitung des Ministerpräsidenten erfolgte aufgabengerecht. Sie ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das hat die Landesregierung erläutert, das wurde gutachterlich bestätigt und das haben auch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ergeben.
Es gab keinen Druck oder die Erzwingung von Entscheidungen. Im Gegenteil, die intensive Prüfung auf der Fachebene, die kontroversen Debatten, der lange Prozess zur Neuregelung zeigen, das sorgfältig abgewogen wurde, bis es schließlich die politische Entscheidung gab, den Quereinstieg auf Führungsstellen der Landesverwaltung generell zu erleichtern.
Es gab keine Lügen. Die Landesregierung war jederzeit zu allen Aspekten und Fragen auskunftsbereit, hat alle Akten wie gewünscht vorgelegt. SPD und Grüne haben alle Informationswünsche der CDU unterstützt. Ja, wir haben sogar mit Beweisanträgen bei der Zeugenbestellung ausgeholfen, damit es schneller voran geht.
Am 13.03. habe ich zum Einsetzungsbeschluss an dieser Stelle gesagt: „Man muss doch kein Prophet sein, um vorher zu sehen, was am Ende stehen wird: Außer Spesen, nichts gewesen. Viel Arbeit, hohe Kosten und kein Erkenntnis-Gewinn!“
Und genau so ist es gekommen. Keine Rechtswidrigkeit, keine Unwahrheiten, kein Erkenntnisfortschritt. Viel Lärm um Nichts, also. Stattdessen ein einziges Im-Kreis-drehen. Sie wollten unbedingt, ja krampfhaft den großen Skandal und haben sich dabei völlig verrannt.
Anrede,
Wir haben das mal kalkuliert. Der Untersuchungsauftrag enthielt 134 Fragen. Dazu kommen 67 Fragen aus 14 schriftliche Anfragen. Die Antworten der Landesregierung füllen 124 Seiten. Es wurden ferner 63 Ordner mit 16.500 Seiten Akten vorgelegt. Der PUA hatte eine Netto-Sitzungsdauer von fast 40 Stunden. Zur Vor- und Nachbereitung kommen allein SPD und Grüne auf über 60 weitere Sitzungen. Dazu viele Stunden Aktenstudium, der Saalumbau und die Gutachten.
Kapitalisiere ich die Arbeitszeit kommen wir auf Kosten von einer halben Million Euro!
Meine Damen und Herren von der CDU,
Sie müssen sich fragen lassen, ob es das wert war? Vor allem wenn man sich fragt, was bleibt:
- Das ungute Gefühl, dass der politische Preis für diesen PUA sogar noch höher ist. Wegen des parteipolitischen Hickhacks hat das Ansehen von Politik und Parlament insgesamt, verloren. Darüber kann sich niemand freuen! Dafür trägt auch die CDU Verantwortung. Der Ministerpräsident hat mithin gleich mehrfach sehr selbstkritisch die zeitliche Abfolge betrachtet. Es sei ein Fehler gewesen, dass jemand aus seinem Umfeld als erste von der Neureglung profitiert hat. Da hat er Recht. Es wäre schön, auch die CDU hätte die Größe einzusehen, dass ihr PUA kein Beitrag zur Vertrauensbildung in die Opposition war.
- Die Frage, wie die Attraktivität des öffentlichen Dienstes gesteigert werden kann. Die CDU hat sich strikt geweigert die Motivlage und den Sach-Hintergrund auch nur zur Kenntnis zu nehmen. 80 Prozent der Akten beschäftigen sich mit dem Fachkräftemangel. Die Regierung hat dazu ein umfassendes Maßnahmenprogramm beschlossen. Damit hätten wir uns hier im Landtag beschäftigen können. Wie man das Beamtenrecht weiterentwickelt, wie man für Angestellte und Quereinsteiger*innen attraktiv bleibt oder wird. Das wäre aller Ehren wert gewesen. Stattdessen haben Sie sich in den Details von Tarifverträgen und Besoldungsrecht verirrt. Statt zu diskutieren, wie man die über 400.000 Arbeitsplätze des Landes zukünftig noch besetzen kann, mussten wir monatelang über die Vergütung einer einzigen Stelle streiten.
- Nachdenklich macht mich auch die Frage, ob die Sache mit einem Mann in der Rolle des Leiters des Ministerbüros eigentlich von gleichem öffentlichem Interesse gewesen wäre? Hätte jemand wirklich die Eingruppierung von, sagen wir mal z.B., Boris Pistorius in Zweifel gezogen – damals 35, als er stellvertretender Büroleiter von Glogowski wurde? Oder das Parteibuch und die Bezahlung des Büroleiters von Bernd Althusmann?
Ich habe da Zweifel. Die Geschichte, „Mächtiger alter Mann, junge Frau, Macht, Geld, Privilegien und Gerüchte von Bevorteilung“ ist einfach reizvoller. Da entsteht im Kopfkino von ganz allein „ein anrüchiges Stück“. Leider auch, wenn es mit den Fakten nichts zu tun hat.
Dieser PUA, meine Damen und Herren, das ging im Übrigen auch auf Kosten einer Frau, die über den zweiten Bildungsweg gekommen ist, die während ihrer Berufstätigkeit, erfolgreich studiert hat und sich ehrenamtlich für ihre Gemeinde einsetzt. Ich habe mich mitunter geschämt, wie die CDU über diese junge, engagierte Frau gesprochen hat. Ich will das hier nicht wiederholen – man kann es in den Protokollen nachlesen. Ich, Frau Herrmann, finde, da ist eigentlich eine Entschuldigung fällig.
Es ist richtig, dass man in der Staatskanzlei dieses Beispiel zum Anlass genommen hat, die bisherige Vergütungspraxis zu hinterfragen. Jetzt wird niemand mehr dafür benachteiligt, wenn seine Berufsbiografie dem normalen Leben entspringt und nicht dem Lehrbuch. Jetzt wird als Leistung anerkannt, wenn man erst einen Berufsabschluss gemacht hat, dann einige Jahre in der freien Wirtschaft tätig war und erst dann seinen Hochschulabschluss nachholt. Das war überfällig.
Anrede,
die Adventszeit ist auch Zeit für Zuversicht: Die gute Nachricht: Jetzt geht es endlich wieder zurück zur Sacharbeit. Die Herausforderungen sind groß und wir können uns endlich wieder auf unseren Job, auf Niedersachsen, seine Menschen und die Herausforderungen konzentrieren. Das ist das, was die Bürger*innen von uns erwarten. Das ist das was wir Grüne liefern.
Und das ist das, was das Ansehen der Politik wiederherstellen kann. Gerade in Zeiten, wie diesen, in denen unsere Demokratie nicht mehr als selbstverständlich betrachtet wird, ist das eine Aufgabe und die Herausforderung für alle demokratischen Parteien.
Vielen Dank.