Rede Volker Bajus: Antrag SPD/Grüne - "Fracking" - Sicherheit für Mensch und Umwelt geht vor!

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! 

Erhöhte Quecksilberwerte in Söhlingen, Benzol Verseuchungen bei Völkersen, marode Transportleitungen in Georgsdorf, diffuse Erdbeben in Vechta, ungeklärte Krebsfälle in Bothel und überall Bohrlochschlamm-Altlasten und Entsorgungsprobleme mit belastetem Lagerstättenwasser. Dies sind – unvollständig gesammelte – Schlagzeilen der letzten Monate. Hinter jeder dieser Meldungen stehen reale Schäden, geht es um Beeinträchtigungen von Boden, Wasser und Luft und die Gesundheit vieler Menschen. 

Meine Damen und Herren,

wir sehen: auch ohne Fracking ist die fossile Rohstoffgewinnung ein mit erheblichen Risiken behaftetes Unterfangen. Diese Risiken waren in der Öffentlichkeit bislang wenig bekannt. Erst die Fracking-Debatte hat das Augenmerk auch darauf gebracht, hat aufgezeigt, wie nachlässig hier mit dem Schutz von Mensch und Natur umgegangen wurde.  

Damit muss jetzt endlich Schluss sein! Die Förderunternehmen müssen endlich ihre umweltpolitischen Hausaufgaben machen!

Angesichts der bereits bestehenden Schwierigkeiten und Probleme hat sich Rot-Grün in Niedersachsen darauf verständigt, keine zusätzlichen, unabsehbaren Risiken einzugehen. Wir wollen keinen Einstieg in die umstrittene Schiefergasförderung mit flächendeckendem Fracking. Wir wollen nicht noch mehr Gefahren für unser Trinkwasser, für die Gesundheit der Menschen. 

Das, was wir an Problemen haben, reicht! Wir brauchen nicht noch mehr Risiko durch Schiefergasfracking. Was wir brauchen, ist mehr Sicherheit und mehr Transparenz bei der vorhandenen Förderung. Dafür bedarf es besserer rechtlicher Bedingungen und effektiver Kontrollen. Dafür setzt sich diese Landesregierung ein. Dafür steht Rot-Grün! 

Es braucht aber auch Unternehmen, Ingenieure und Geologen, die die nötige Umweltsensibilität und das entsprechende Know-How haben und technische Lösungen für mehr Sicherheit entwickeln. 

Wenig hilfreich ist es, wenn dann das Thema Fracking unsachgemäß verniedlicht wird. Es gibt kein Bio-, kein Öko-Fracking, nur weil das Führungspersonal Frack-Fluide vor laufenden Kameras in Schnapsglasdosierung trinkt. Es reicht auch nicht, darauf zu verweisen, bislang habe das alles in allem ja auch funktioniert, und es sei bisher alles gut gegangen. Das ist es eben nicht! Deswegen ist es gut, dass wir das ändern. 

Nun, Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Angesichts des Wettbewerbs investieren Unternehmen nur selten freiwillig in bessere Standards von denen sie nicht unmittelbar profitieren. Deswegen muss auch Politik liefern. 

Es sind ja nicht nur die Rohstoffe, die fossil sind, sondern auch der Rechtsrahmen. Wenn heute ein neuer Radweg gebaut wird, dann wird die Öffentlichkeit beteiligt und die Umweltfolgen geprüft. Und das ist auch richtig so. Transparenz und Umweltverträglichkeit müssen auch im Bergrecht Einzug halten. Das ist mehr als überfällig! 

Nach vielen Jahren des Aussitzens bewegt sich nun auch der Bund. Und legt eine Gesetzesreform vor. Daran gibt es berechtigte Kritik. Zwar wurden wichtige Forderungen, wie Öffentlichkeitsbeteiligung, Umweltverträglichkeits­prüfung, Beweislastumkehr, giftfreie Frack-Fluide oder der sichere Umgang mit Lagerstättenwasser aufgegriffen. Aber es gibt auch viele Ausnahmen und mangelnde Festlegungen: 

Für uns überhaupt nicht nachvollziehbar ist, dass die Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas weiter möglich sein soll. Ab sofort Probebohrungen und ab 2019 sogar die kommerzielle Förderung. Zudem stehen Ausnahmen von der 3.000 Meter Grenze im Raum. 

Meine Damen und Herren,   

Rot-Grün in Niedersachsen sagt Nein zum Schiefer- und zum Kohleflözgas!

Weil dieses nur unter massivem und systematischem Frackingeinsatz förderbar ist. Weil die Vorkommen näher an Grundwasserleitern und Erdoberfläche liegen. Dieses zusätzliche Risiko wollen wir nicht in Kauf nehmen und werden dabei von den vorliegenden Gutachten unterstützt, die die Förderung derzeit für nicht vertretbar halten. 

Das ist auch klimapolitisch begründbar. Nur weil es jetzt technisch möglich ist, muss Schiefergas nicht gefördert werden. Zum Erreichen des 2 Grad-Ziels müssen 90 Prozent der Kohlestoffe ohnehin im Boden bleiben. Auch für die Energiewende sind diese Vorkommen verzichtbar, wie der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung formuliert.  

Lückenhaft ist auch die vom Bund geplante Abgrenzung von Tabu-Zonen für den Wasser- und Naturschutz. Es macht doch keinen Sinn, Fracking in Wasserschutzgebieten zu untersagen, aber in Vorranggebieten zur Trinkwassergewinnung nicht. Und was ist mit den Brunnen zur Lebensmittelherstellung, z.B. der Bierbrauer? Wenn das Vertrauen der Menschen in Politik und Wirtschaft zurück gewonnen werden soll, muss hier nach gebessert werden. 

Meine Damen und Herren,   

Noch brauchen wir die Fossilen. Der Anteil von Öl und Erdgas am Energiemix beträgt aktuell über 50 Prozent. Und gerade Erdgas bleibt auf Jahre noch unverzichtbar. Aufgrund seiner spezifischen technischen Eigenschaften ist Erdgas die fossile Brückenenergie in eine klimaverträgliche Energieversorgung der Zukunft. Dafür brauchen wir auch das heimische Gas aus konventionellen Lagerstätten. 

Meine Damen und Herren,

seit vielen Jahren wird bei uns Erdgas auch aus Sandstein gefördert. Hierbei kommen zur Stimulation in Tiefen um die 5000 Meter temporär auch Frack-Maßnahmen zum Einsatz. 

Wir Grüne sehen auch dieses Fracking mit großer Skepsis. Ich weiß, das geht hier vielen, in allen Fraktionen, so. Sicherer wäre daher ein konsequentes Frackingverbot in allen Lagerstätten – natürlich unter Verzicht auf die entsprechenden heimischen Gasmengen. 

Wer dafür allerdings konsequenterweise auf zweifelhaftes, womöglich gefracktes Import-Gas verzichten will, der muss erhebliche zusätzliche Anstrengungen bei der Energiewende unternehmen und schneller von den klimaschädlichen Fossilen zu den Erneuerbaren Energien umsteigen.  

Solange aber beides aus Berlin nicht kommt, solange also Fracking im Sandstein erlaubt bleibt, müssen wir, Rot-Grün in Niedersachsen, dafür sorgen, dass dies, wenn überhaupt, nur mit genauer Prüfung der Umweltfolgen, unter schärfsten Sicherheitsauflagen, ohne umweltgefährdende Chemie, mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der lokalen Behörden passiert.

Und, das gilt genauso für das Entsorgen von Lagerstättenwasser im Untergrund. Das sind wir der Sicherheit für Mensch und Natur schuldig.

Es sollte zukünftig auch möglich sein, Ermessens-Entscheidungen vorzunehmen, also einem Vorhaben, nach Vorlage der UVP, auch die Genehmigung versagen zu können. Wir wollen Nein sagen können, wenn das Risiko der Maßnahme zu groß ist.

Für Rot-Grün geht die Sicherheit des Menschen und der Umwelt vor!

Ich freue mich auf eine konstruktive Debatte im Ausschuss.

Vielen Dank!

Zurück zum Pressearchiv